DER ALTE MEISTER : Das Markenzeichen
In einer Episode der „Simpsons“ fahren Homer, Mr Burns und Smithers nach Kuba. „Ist das nicht der neue Packard, von dem wir so viel gehört haben“, sagt der Atomkraftwerksbesitzer Burns, als sie in Havanna sind. Es ist einer der subtileren Witze der Cartoon-Serie. Bei Packard laufen schon seit 1958 keine Autos mehr vom Band.
Bunte Straßenkreuzer vor kolonialer Kulisse sind Havannas Markenzeichen. Vielleicht sogar mehr als Zigarren und Zuckerrohr. Ein im Schatten stehender Oldtimer ziert das Cover des Albums von „Buena Vista Social Club“. Und auch in „Erdbeer und Schokolade“, dem preisgekrönten Spielfilm von 1994 über eine Männerliebe im karibischen Sozialismus, werden alte Kisten immer wieder ins rechte Licht gerückt.
Tatsächlich kann man Kubas Hauptstadt als Open-Air-Museum für amerikanische Oldtimer bezeichnen: langgestreckte Limousinen mit überzeichneten Heckflossen, chromblitzenden Kühlergrills und manchmal sogar Weißwandreifen. Hier sieht man sie noch.
Seit über fünfzig Jahren ist es Kubanern verboten, Autos frei zu importieren. Also wurden sie Meister der Instandhaltung, meist mit Ersatzteilen von Ladas und Wolgas, importiert aus den sozialistischen Bruderländern. Denn die ganze Insel teilt die Liebe zu schönen Karossen. Ob Fidel Castro, Che Guevara oder der von ihnen 1959 weggeputschte Diktator Batista: alle autoverrückt.
Vor der Revolution war Kuba der Hauptexportmarkt der US-Autoindustrie. Die etwa 60.000 betagten Fahrzeuge, die noch auf der Insel vermutet werden, stammen alle aus den Anfängen der Revolution. Die ersten Eigentümer ließen sie bei der Flucht in die USA zurück. Die Funktionäre bedienten sich als Erstes. Der junge Staatschef Fidel Castro fuhr ein Oldsmobile, Che Guevara entschied sich für einen 1960er Chevrolet, wie der Autor Richard Schweid in seiner Kulturgeschichte der Straßenkreuzer auf Kuba schreibt.
Nun hat das Stündlein der „Yank tanks“, wie Chevrolets, Oldsmobiles oder Buicks genannt werden, geschlagen. Nachdem Havanna schon im vergangenen Jahr erlaubte, mit Gebrauchtwagen zu handeln, ist nun auch der Import von Neuwagen freigegeben worden. Wie sich das Straßenbild ändern könnte, dafür gibt Birma ein Beispiel. Dort wurde vor drei Jahren die Einfuhr von Neuwagen freigegeben. Die Zahl der Autos verdoppelte sich in kürzester Zeit. Die Hauptstadt Rangun war kurz vorm Verkehrsinfarkt. JK