DER ALTE MEISTER : Ein freundlicher Körper
In der Renaissance entdeckten die Menschen die Darstellungen der Antike wieder. Besonders liebten sie den Männerkörper in höchster Anspannung, die sehnigen Muskeln der Speer- und Diskuswerfer, der Sportler als Krieger eben, mit angespanntem Gesicht, grotesk verdrehtem Körper. Und jenes Idealbild zieht sich durch 2.000 Jahre westlicher Kulturgeschichte, formt unser Verständnis von einem schönen Männerkörper.
Kneift man die Augen etwas zusammen, sieht man auf dem aktuellen Cover der „Body Issue“des US-amerikanischen Sportmagazins ESPN genau das. Baseballspieler Prince Fielder, Star und First Baseman der Texas Rangers, nackt, die beiden Arme in beinahe tadelloser Linie gestreckt, der eine zum Schlag ausholend, der andere im Schwung, die halbe Drehung des Körpers, kurzer Schlag, das angewinkelte Bein. Unter dem fleischigen Körper kann man den schmalen Speerwerfer aber nur erahnen. Unsichtbar bleiben auch Fiedlers Muskeln. Was man sieht, ist: Entspannung. Ein verträumter Blick. Ein freundlicher Körper.
Als die Ausgabe am Wochenende herauskam, ergoss sich in den sozialen Netzwerken ein Shitstorm über Prince Fielder. Jedes Körperteil wurde kommentiert. Sein Bauch: fett. Die Schenkel: speckig. Die Haltung: lasch.
Dieses kollektive Ereifern über Körper jenseits der Norm hat einen Namen: Fatshaming. Meist trifft es Frauen. Aber es funktioniert eben auch bei Männern. Dann folgten immer mehr Liebeserklärungen. Unter dem Hashtag #HuskyTwitter wurden breite Hüften und stramme Schenkel gelobt.
Vor allem Männer twitterten erleichtert über Prince Fielders entspannten nackten Körper. Schließlich gilt: „If you can see it, you can be it.“ SVO