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DDR–Bürgerrechtler wollten nach Prag: Wenn eine keine Reise tut ...

■ Die Gruppe wurde daran gehindert, die DDR Richtung CSSR zu verlassen / Für mehrere Stunden vom Staatsicherheitsdienst abgeführt / Angeblich hatten sie das Ansehen der DDR geschädigt

Berlin (ap) - Der Staatssicherheitsdienst der DDR hat am Freitag 14 Bürgerrechtler daran gehindert, gemeinsam über den Ostberliner Flughafen Schönefeld nach Prag zu reisen. Während neun Personen schon vor Antritt der Reise in Ostberlin zu mehrstündigen Verhören abgeführt worden seien, habe der Rest „unter dem Schutz westlicher Journalisten noch den Flughafen Schönefeld erreicht“, hieß es aus Kreisen der Ostberliner „Initiative für Frieden und Menschenrechte“. Dort seien sie nach Passieren der Paßkontrolle ebenfalls weggeführt und bis nach Mitternacht verhört worden. Allen Mitgliedern der Gruppe sei erklärt worden, daß sie vom „visafreien Reiseverkehr ausgeschlossen“ seien, weil sie das Ansehen der DDR geschädigt hätten. Die Dissidenten hatten den Versuch der Prag–Reise nach eigenen Angaben als gezielte Protestaktion angelegt, um zu demonstrieren, daß immer noch viele DDR– Bürger trotz der „überall verkündeten Reiseerleichterungen“ nicht einmal das eigene Land verlassen dürften. Weiter erklärte die „Initiative für Frieden und Menschenrechte“, ihre Mitglieder, die alle seit einigen Wochen den Flug gebucht hatten und auch einen gültigen Personalausweise besitzen, hätten darauf aufmerksam machen wollen, daß es vor allem in den letzten Jahren wieder verstärkt „massive Übergriffe“ auf Bürgerrechtler gebe. Einer der Beteiligten, Ralf Hirsch, sagte: „Trotz des schönen Geredes von Politikern aus der Bundesrepublik und der DDR über die zunehmende Einhaltung der Menschenrechte bei uns und angeblichen Erleichterungen für Westreisende, sind immer noch Tausende zu Zwangsinländern verurteilt.“ Jeder Bürger der DDR darf nach den dort geltenden Gesetzen mit einem gültigen Personalausweis und ohne besondere Erlaubnis oder Visum in die CSSR reisen. Doch habe der Staatssicherheitsdienst in diesem Fall sogar schon verhindert, daß sich die Bürgerrechtler vor Antritt der Reise an einem vereinbarten Ort in Ostberlin treffen konnten, hieß es. So war nach Augenzeugenberichten eine Frau auf dem Weg dorthin „mit Gewalt in ein Auto gezerrt und bis zum späten Abend auf einer Inspektion der Volkspolizei festgehalten“ worden.

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