DÄNISCHE TERRORGESETZE TREFFEN GREENPEACE UND AL-QAIDA : Der Feind lauert überall
Ein paar tausend Euro. Das ist die übliche Rechnung, die UmweltaktivistInnen bezahlen müssen, wenn sie eine fremde Fassadenwand mit einem Transparent „verletzt“ haben oder mit einer Ladung toter Fische auf dem Bürgersteig protestieren. Eine Rechnung, die stillschweigend die Organisation, die hinter der Aktion steht, zu bezahlen pflegt. Es wurde also mit dem Aufsehen erregenden dänischen Richterspruch nicht teurer als sonst. Neu ist, dass Organisationen wie jetzt Greenpeace offenbar auf der Grundlage von Antiterrorgesetzen verurteilt werden können. Was heute Greenpeace trifft, trifft morgen vielleicht Gewerkschaften und Tierschutzorganisationen.
Die Gesetze sollten es leichter machen, Organisationen für die Terrortaten ihrer Anhänger in Mithaftung zu nehmen. Al-Qaida, Reclaim the Street und militante Vegetarier – alle in einen Topf. Aus juristischer Sicht ist die fehlende Differenzierung nicht nötig – so grobkörnig ist das Instrumentarium der Gesetzgeber nicht. Im Gegenteil. Sie könnten haarfein die Grenze zwischen einer Terrortat und einer Sabotageaktion, wenn etwa ein Antikriegsaktivist ein Kampfflugzeug mit seinem Hammer verbeult, ziehen. Doch diese Mühe machte sich nicht nur die dänische Regierung nicht. Der Rahmen, den die Kommission der Europäischen Union den Mitgliedsstaaten für deren Antiterrorgesetzgebung unter dem Eindruck des 11. September mit auf den Weg gab, zieht die Grenze ausdrücklich so großzügig, dass Akte zivilen Ungehorsams unter dem Terrorbegriff landen.
Ein Schelm, wer nichts Böses dabei denkt. Warum nicht neben al-Qaida auch gleich ein paar unbequeme Vereinigungen verfolgen? Die taz, die in den Achtzigerjahren für „Waffen für El Salvador“ sammelte; Gewerkschaften, die Geld zum Kampf gegen das Apartheidregime nach Südafrika schmuggelten: sie wären mit einiger Sicherheit heute ein Fall für den Staatsanwalt. Beunruhigend ist, dass Brüssel die Freiheitsrechte offenbar weiter auszuhöhlen gedenkt. Der Vorschlag, in größerem Umfang elektronische Verbindungsdaten zu sammeln, ist das jüngste Beispiel. REINHARD WOLFF