DAUERKRANK : Viel Liebe
Ich bin jetzt seit fünf Wochen erkältet, es ist der Horror. Es geht eigentlich gar nicht, vom Gefühl her bin ich schon tot. Stefan war zwischendurch auch krank, zwei Wochen krankgeschrieben wegen Bronchitis. Er lag die meiste Zeit im Bett, las Zeitung und nahm so ein Medikament mit Eukalyptus und irgendwelchen Kräutern. Wenn er sprach, brannte es mir in den Augen, weil die Luft aus seinem Mund so voller Kräuter war. Dann erzählte ihm eine Freundin, dass dieses Medikament benebelt macht, und von da an sagte er immer, „Uh, ich glaub echt, das macht mich komisch im Kopf.“ Aber dann war er wieder gesund und jetzt arbeitet er wieder.
Nur ich hänge rum, arbeite ab und zu, kriege wieder Fieber, lege mich ins Bett oder in die Badewanne, denke dann, es geht wieder, dann doch nicht, und so weiter. Ich trinke hektoliterweise Tee, habe einen gigantischen Verbrauch an Taschentüchern und Badezusätzen und schlafe wie ein toter Bär in einer sehr abgelegenen Höhle, also heute Nacht zum Beispiel zwölf Stunden. Ich tu alles Erdenkliche, aber mein Körper sagt, nee, nee, gesund ist nicht. Zwischendurch dachte ich, es sei eine Allergie, und habe Allergietabletten genommen und einen kontraallergenen Matratzenschonbezug gekauft. In den Nächten, wo ich wegen Husten und Schnupfen nicht schlafen kann, mache ich Sudoku oder schreibe Gedichte, und in einer Nacht lutschte ich dreizehn Spitzwegerichbonbons und starrte sehr lange auf das Wort „kontraallergener Matratzenschonbezug“ auf der Verpackung.
Es beruhigte mich, es gab mir das Gefühl, dass sich die Industrie irgendwie um mich kümmert. Vielleicht ist das nur Fake und ich werde einfach gar nicht mehr gesund. Aber wenn ich jetzt sterbe, kann ich echt sagen, ich hatte fast ein schönes Leben. Vor allem die letzte Zeit war gut, mit viel Liebe.
MARGARETE STOKOWSKI