DAS ENTSCHEIDENDE DETAIL : Fürst von Sprechblasien
ZUKUNFTSMUSIK Wieder einmal kündigt Julian Assange, Herr über die Plattform Wikileaks, etwas an
Die Vormoderne ist in unserer Vorstellung das Zeitalter der großen Ankündigungen. Wenn irgendein Großkopferter irgendeinen halbwegs wichtigen Ball in einem halbwegs präsentablen Schlossbau beehrte, dann hatte der Herold zuerst die ganze Titelliste runterzurattern – Klingbert von Hasenstroh, Herzog von Lilien und Tulpien, Großbewahrer des geerdeten Samenkorns von … und so weiter. So zeigen es uns jedenfalls die Filme, die in solchen Zeiten spielen wollen, und wir wissen: Damals, da war mehr Schein als Sein, da war nicht das Tun die Währung, das kam dann später mit der Machtübernahme des Bürgertums, sondern das So-tun-als-ob. Beziehungsweise das Wissen, dass man war, was man war, weil man es eben war. Vererbte Würde. Begründungen brauchte es da nicht.
Solcherlei feudalistische Logik muss wohl auch dem innewohnen, was die ehemalige Investigativplattform Wikileaks so treibt. Erst kündigte sie an, bald wieder Bahnbrechendes zu veröffentlichen. Dann kündigte sie an, ein soziales Netzwerk zusammen mit den eigenen Fans auf die Beine stellen zu wollen. Und nun der neueste Streich – plant Leaksfürst Julian Assange eine Fernsehsendung zu lancieren, wohl eine Art Talkshow mit Schlüsselpersonen unserer Zeit. Und das Thema? Die Welt von morgen. In, so Assange, „a deeper and clearer way than has been done before“. Klaro.
Nun mag man den Menschen bürgerlichen, ja spießbürgerlichen Sinnes zeihen, der da fordert, es mögen den Ankündigungen auch mal Taten folgen (Leistungsgesellschaft) und der Kaiser solle mal sein Kleidchen zeigen. Aber wenn es tatsächlich stimmt, was die BBC recherchiert hat, dass nämlich Julian Assange diese Sendung im russischen Staatsfernsehen bekommen soll, dann wird vielleicht auch bald von Bigotterie zu reden sein, auch wieder so eine moralisch-bürgerliche Typisierung. Ja, cool ist was anderes. Ehrlichkeit und Transparenz auch. DAS