DAS ENTSCHEIDENDE DETAIL : Berliner Türpolitik
■ SPD und Union treffen sich zum Sondierungsgespräch hinter verschlossenen Türen
Wie gut, dass man früher mit der Kutsche nach Hause fuhr. Das setzte nämlich voraus, das es dort eine breite Hofeinfahrt gab, durch die der Kutscher die Rösser samt Kalesche lenken konnte. Am Freitagmittag um Punkt eins öffnete sich ebensolches große Tor im Gebäude der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin, als die Abordnung der Union herbeischwirrte, um sich mit den Sozis zum ersten Sondierungsgespräch zu treffen.
Die waren schon da. Sigmar Gabriel und seine Begleitmannschaft waren 14 Minuten zuvor eingetroffen. Da sich für sie – anders als wenig später für die Union – keine Toreinfahrt wie von Geisterhand öffnete, steuerten die SPD-Unterhändler auf die kleinere Tür links daneben zu. Es dauerte ein paar Sekunden, bis jemand von innen öffnete. „Huch, Besuch?“, mag man sich drinnen gefragt haben. Aber dann ließ man die Gäste von der deutschen Sozialdemokratie doch noch rein.
Der Medienauflauf vor dem Haus Friedrich-Ebert-Platz 2 war, dem Anlass entsprechend, groß. Während die Kanzlerin wenigstens ihr Queenwinken darbot und Unionsfraktionschef Volker Kauder den fröstelnden Journalisten ein fröhliches „Hallo!“ entgegenschmetterte, schickte sich SPD-Chef Gabriel an, wort- und grußlos an der Kamerawand vorbeizuschlenzen. Auf die schnelle Frage einer Journalistin, was er sich von dem Treffen erwarte, antwortete Gabriel: „Dass das Wetter gut bleibt.“ Manchmal fragt man sich, ob es nicht auch andere schöne Berufe als den der Türsteherin gibt. ANJA MAIER