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Archiv-Artikel

DAS DING, DAS KOMMT Hymne für die Hauptstadt

EINE CD mit einem nichtssagenden Song, den sich eine Gruppe Kreativer erdacht hat, soll die Herzen der Hannoveraner erobern und sie für ihre Stadt begeistern

Wie sehr eine Hymne das Image einer Stadt aufpolieren kann, wissen wir spätestens seit Seeeds „Dickes B“. Mit prägnanten Reimen und seiner vom Lokalkolorit gefärbten Stimme beschwor Peter Fox die Attraktivität einer Stadt, die eben nicht nur Schulden und Arbeitslosigkeit zu bieten hatte, sondern auch Freiraum, Kunst und durchtanzte Clubnächte. Kreatives Potenzial als nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor: Die Stadt lockte mit einem Glücksversprechen, Berlin wurde weltweit als hipper Partyort bekannt und Millionen Menschen flogen aus ganz Europa mit Easyjet ein, auf der Suche nach ihrem jeweils ganz eignem, unvergesslichem Berlin-Erlebnis. Da ist es allzu verständlich, dass der eine oder andere Hauptstadtmarketing-Experte Schnappatmung bekommt, wenn neben diversen Hipstermedien nun auch noch die New York Times verkündet, dass Berlin längst wieder out und der Hype weitergezogen sei.

Derlei Probleme kennt Hannover nicht. Seit Jahrzehnten haftet der Stadt das Stigma der Ödnis und Langeweile an. Dass sich das vielleicht mit einer schmissigen Hymne zumindest ein wenig ändern lässt, hat sich das „kre-H-tiv Netzwerk Hannover“, ein Zusammenschluss lokaler Kreativer, gedacht und den Song „Welcome Home“ initiiert. Über 30 Musiker haben an dem Track mitgewirkt, der eine Liebeserklärung an die Stadt sein soll, produziert hat ihn die Band Terry Hoax. Auch der Oberbürgermeister hat schon mit der CD posiert. So viel musikalische Kooperationsbereitschaft passt schließlich gut zur derzeit laufenden Bewerbung Hannovers als „Unesco City of Music“.

Leider ist der Song komplett in Englisch, klingt wie ein Coca-Cola-Jingle und hat mit der niedersächsischen Landeshauptstadt noch weniger zu tun als der Union Jack, der zurzeit überall in der Stadt weht und an die Personalunion mit England vor zweihundert Jahren erinnern soll. Kein einziges Mal erwähnt der Song Hannover, erzählt nichts über die Stadt, könnte sich also auf jeden Ort der Welt beziehen. Die Herzen der Hannoveraner wird das Lied sicher nicht erobern, ein hippes Bild der Stadt vermitteln – noch weniger. Schade, denn Hannover hat durchaus seine kreativen Ecken und Freiräume. Und wer weiß, vielleicht wird einmal eine Band aus der lebendigen Subkultur der Stadt eine authentische Hannover-Hymne komponieren.

Wer nicht so lange warten möchte, kann bereits heute auf der Fête de la Musique in den Refrain von „Welcome Home“ einstimmen. Da sollen nämlich Bands und Chöre auf vielen Bühnen zeitgleich ihre Interpretation des Songs spielen. Dann wird in Hannovers Straßen also „This is my hometown, baby/This is my home“ erschallen.KONSTANTIN WENZEL

■ Sa, 21. 6., 18.30 Uhr, auf allen Bühnen der Fête de la Musique