DAS AUFSCHIEBEN DER LKW-MAUT ZEIGT DEN DILETTANTISMUS STOLPES : Peinliche Verzögerung
Die Lkw-Maut wird um zwei Monate verschoben. Das überrascht nicht. „Die Maut kommt pünktlich, aber Muffel gleich bestrafen?“ Ach, das dann lieber doch nicht. So taktierte Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe seit Tagen. Warum sollten die Spediteure sich da bei der Technik anstrengen? Lieber haben sie sich in Sirenengeheul und Klagegesängen geübt. Die Verzögerungstaktik ist bestens bekannt, das Dosenpfand lässt grüßen. Da sind schlicht Lobbyprofis am Werk. Doch leider sind sie – und das überrascht dann doch – die einzigen Profis in dieser Angelegenheit.
Hand in Hand mit DaimlerChrysler und der Telekom liefert Stolpe ein Laienspektakel. Das größte, modernste Mautsystem wollten sie aufbauen. Den Zuschlag bekam die Industrie aber erst im April, die EU-Kommission hatte zuvor Bedenken, ob das Ministerium den Auftrag korrekt vergeben hatte. Experten aber warnten schon vor Jahren, so schnell sei die Technik, das Auge des Gesetzes, nicht herzustellen. Und tatsächlich versagen die großen Techniker der Republik.
Manfred Stolpe ließ sich von ihnen über den Tisch ziehen: Konventionalstrafen haben Daimler & Co nicht zu fürchten, trotz ihrer festen Zusage, die Technik stehe bis zum 31. August. In Brüssel verursacht der allgemein als überfordert geltende Stolpe nur noch Kopfschütteln. Die EU-Verkehrskommissarin Loyola de Palacio nutzt jede Gelegenheit, ihn auszubremsen – mit Erfolg.
Zwei Monate sind nicht die Welt, zugegeben. Doch das Ärgerliche an der Verzögerung ist die Halbherzigkeit, mit der Stolpe die Lkw-Maut vorantreibt. Sie ist eine der zentralen Punkte der rot-grünen Verkehrspolitik. Es ist längst überfällig, dass dem Schwerlastverkehr die Kosten für den Bau und die Instandhaltung der Straße, die Umweltbelastung und Unfallkosten in Rechnung gestellt werden. Damit wird die Schiene wieder attraktiver. Das Stolpe-Spektakel um die Maut zeigt: Die stärkere Belastung des Individualverkehrs ist im Verkehrsministerium gar nicht gewollt. Dort tummeln sich noch immer die Protagonisten für die gute alte Straße. HANNA GERSMANN