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Contra KircheneintrittsgebührKarteileichen doppelt zur Kasse gebeten

Gernot Knoedler
Kommentar von Gernot Knoedler

Viele Jahreschristen zahlen Kirchensteuer nur, weil sie vom Finanzamt abgebucht wird. Mit einer Eintrittsgebühr für Kirchen müssen sie eine der wenigen Leistungen doppelt bezahlen, die sie überhaupt in Anspruch nehmen.

W er die Lübecker Marienkirche besuchen will, muss künftig Eintritt bezahlen. Unbedeutendere evangelische Kirchen sind in der Regel abgeschlossen. Beides passt zusammen. Denn hier verweigert die Kirche eine ihrer Basisleistungen: in die Kirche gehen zu können.

Die Kirche kann mit festen Einnahmen von beträchtlicher Höhe kalkulieren, die von vielen Leuten bezahlt werden, die mit der Kirche eigentlich nichts mehr am Hut haben. Würden die Kirchensteuern nicht vom Staat eingezogen, sondern als Mitgliedsbeiträge von den Kirchen selbst, gehörten wohl nicht mehr 60 Prozent der Bevölkerung einer der beiden großen Konfessionen an, sondern weitaus weniger. Trotz aller Austritte kann die Kirche also noch auf große Ressourcen zurückgreifen. Das sollte eigentlich reichen, die Gotteshäuser zu unterhalten.

Viele Kirchensteuer-, sprich: Beitragszahler, nehmen die Angebote der Kirche kaum in Anspruch. Das liegt meist an ihnen selbst, bei manchen aber auch daran, dass die Kirche für sie kein Angebot macht, das ihnen attraktiv erscheint oder das sie wahrnehmen können. Ein Angebot aber können sie durchaus erwarten, solange Steuern erhoben und ein Verwaltungsapparat unterhalten wird.

Eine Kirche zu besuchen - aus welchem Grund auch immer, gehört neben dem Gottesdienst an Weihnachten zu dem wenigen, das die vielen Karteileichen der Kirche in Anspruch nehmen. Dass sie nun dafür ein zweites Mal bezahlen sollen, ist nicht einzusehen.

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Gernot Knoedler
Hamburg-Redakteur
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1 Kommentar

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  • U
    Ulrike

    Ich sehe am Eintritt in ein historisches Gebäude, das ich besichtigen will, nichts Verkehrtes. Wenn ich die Kathedrale von York anschauen möchte, muss ich auch Eintritt zahlen. Oder die von Salisbury. Will ich mir Stonehenge ansehen, muss ich Eintritt zahlen und das Gelände ist abgesperrt. Viele historische Gebäude müssen sich u.a. von den Eintrittgebühren erhalten. Daneben gibt es Fördervereine und Organisationen, die sich mit Hilfe ihrer Mitglieder und mit Spenden um die Erhaltung der Gebäude kümmert. Wieso soll das bei einer Kirche anders sein? Nur weil sie auch von Gläubigen der entsprechenden Religion genutzt wird? Als Atheist möchte ich mir auch gerne gothische Kathedralen und sonstige Gebäude ansehen und sehe durchaus die Notwendigkeit, dass der Erhalt Geld kostet.

     

    Sieht man mal ganz davon ab, dass ich natürlich den Gedanken unterstütze, das Eintreiben der Kirchensteuer vom jeweiligen religiösen Verein durchführen zu lassen und nicht über das Finanzamt zu regeln. Wobei sich diese Dienstleitungs des Staates ja nur an die beiden großen christlichen Vereinigungen richtet. Alle anderen sind da auf sich selbst gestellt. Auch eine Ungerechtigkeit über die man mal diskutieren sollte.