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Archiv-Artikel

Chronologie des Aufstands: Die Vorgeschichte

1. bis 7. April 1952: Stalin empfängt die DDR-Spitze mit Wilhelm Pieck, Otto Grotewohl und Walter Ulbricht in Moskau und fordert sie auf, „ihren eigenen Staat zu organisieren“ und zwar so, dass „die DDR zu einem starken Vorposten des Sozialismus“ wird. Er gibt Ziele vor: Aufbau einer Armee, Sicherungsmaßnahmen an der deutsch-deutschen Grenze, Kollektivierung.

26. Mai 1952: Ein Sperrstreifen entlang der innerdeutschen Grenze wird eingerichtet. Schon am nächsten Tag werden die ersten Bewohner dieses Streifens zwangsumgesiedelt.

12. Juli 1952: In der zweiten Parteikonferenz der SED verkündet Ulbricht „den planmäßigen Aufbau der Grundlagen des Sozialismus“. Der Plan entspricht dem Stalins.

6. Oktober 1952: Das „Gesetz zum Schutz des Volkseigentums“ sieht drakonische Strafen für geringe Vergehen wie kleine Diebstähle vor. Schon im Mai 1953 hat das Gesetz so viele Menschen ins Zuchthaus gebracht, dass das Zentralkomitee der SED für das Jahr 40.000 weitere Verhaftungen prognostiziert.

27. Januar 1953: Das SED-Politbüro stuft die christliche „Junge Gemeinde“ als „Tarnorganisation für Kriegshetze, Sabotage und Spionage“ ein und eröffnet damit eine gezielte Kampagne gegen ihre Mitglieder. Viele Christen werden in den folgenden Monaten schikaniert oder verhaftet.

19. Februar 1953: Immer mehr Landwirte fliehen aus der DDR, die Lebensmittelversorgung wird knapp. Das Politbüro reagiert mit einer „Verordnung zur Sicherung der landwirtschaftlichen Produktion und der Versorgung“, nach der landwirtschaftliche Betriebe leichter beschlagnahmt werden können. Viele Bauern werden denunziert.

5. März 1953: Stalin stirbt.

9. April 1953: Der Ministerrat beschließt wegen der Lebensmittelknappheit, bestimmten Gruppen die Lebensmittelkarten zu kürzen: Private Unternehmer, Freiberufler oder Hausbesitzer können nur noch in HO-Läden einkaufen, die für die meisten Menschen viel zu teuer sind.

27. Mai 1953: KGB-Chef Lawrenti Berija schlägt auf einer Konferenz des sowjetischen Ministerrates vor, den Sozialismus in der DDR über Bord zu werfen und die Wiedervereinigung eines neutralen Deutschlands zuzulassen.

28. Mai 1953: Der Ministerrat erhöht die Normen: Um Engpässe in der Versorgung der Bevölkerung zu überbrücken, sollen alle zehn Prozent mehr produzieren als zuvor.

3. Juni 1953: In der Sowjetunion beschließt der Ministerrat einen Plan zur „Gesundung“ der DDR. Darin werden die Pläne Stalins aus dem Vorjahr weitgehend zurückgenommen. Die neue KPdSU-Führung zitiert die Spitzenfunktionäre der SED daraufhin zu sich und fordert sie zu einem radikalen Kurswechsel auf. Die Kollektivierung der Landwirtschaft und die Normerhöhungen sollen rückgängig gemacht werden. Die Funktionäre sind verunsichert. Sie berufen eine Sondersitzung des Politbüros ein und sagen die Feiern zu Ulbrichts Geburtstag ab.

11. Juni 1953: Das Politbüro gesteht ein, dass „in der Vergangenheit eine Reihe von Fehlern begangen wurden“, dass Bauern, Händler und die Kirche vernachlässigt worden seien und verkündet einen „Neuen Kurs“. Der DDR-Ministerrat beschließt, die Lebensmittelkarten wieder unbeschränkt auszugeben, die Preise zu senken und Privatbetriebe wie Bauernhöfe zurückzugeben. Eine Überprüfung aller Verhaftungen, Strafverfahren und Urteile im Zusammenhang mit dem „Gesetz zum Schutz des Volkseigentums“ ist vorgesehen. Republikflüchtige sollen bei ihrer Rückkehr unterstützt, Reisen in den Westen leichter gemacht werden. Nur zu den Normerhöhungen gibt es keine klare Aussage. Die aber ärgern die Menschen am meisten.

13. Juni 1953: Die Bauarbeiter der Ostberliner Stalinallee legen die Arbeit nieder, um zu diskutieren. Auf einem Dampferausflug auf dem Müggelsee beschließen einige Bauarbeiter den ersten großen Streik.

14. Juni 1953: Das Neue Deutschland fordert die DDR-Führung auf, mit den „Holzhammermethoden“ endlich Schluss zu machen.

15. Juni 1953: Auf den Baustellen der Stalinallee und der des Krankenhauses Friedrichshain wird gestreikt. Die Arbeiter verfassen eine Resolution gegen die Normerhöhung und bringen sie zu Ministerpräsident Grotewohl. Der sowjetische Hohe Kommissar Semjonow beordert am selben Tag sowjetische Truppen aus ihren Sommermanövern zurück in die Garnisonen.