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ChristentumHätten sie nur geschwiegen!

Die Befürworter des Volksbegehrens "Pro Reli" singen jetzt im Internet gegen Verbote und Unterdrückung an - ihr wahres Ziel ist es, dass in den Schulen in Zukunft weniger Werte vermittelt werden sollen.

Christen singen für "Pro Reli".
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In Berlin läuft gerade das Volksbegehren "Pro Reli", bei dem es darum geht, dass an den Schulen in Zukunft weniger Werte vermittelt werden sollen. Bisher ist Ethik ist Pflichtfach für alle Schüler von der siebten bis zur zehnten Klasse - wer auch noch Religion haben will, kann das zusätzlich wählen. Die Befürworter des Volksbegehrens haben nun folgendes Ziel: Wer in Zukunft Religion wählt, soll dafür im Gegenzug keinen Ethik-Unterricht mehr haben - also weniger Wertevermittlung an der Schule. Sie erhoffen sich, dass dann mehr Schüler Religion wählen.

Mit einer gehörigen Portion Chuzpe behaupten die Christen allerdings, es ginge ihnen bei der Sache um mehr Werte statt um weniger. Der neueste Propaganda-Akt ist "Der Freie-Wahl-Song" eines Chors, der nun die Massen überzeugen soll.

In dem Text heißt es: "Will wollen, wenn ich will, verboten will ich nichts" - als ob Reli-Unterricht verboten sei und Christen mit Verfolgung rechnen müssten. Überraschend auch, dass Leute, die alles glauben, was ihnen aus der Bibel vorgepredigt wird, sich für Denkfreiheit aussprechen: "Berlin ich brauche Freiheit, die Freiheit in der Denke, entscheiden will ich selber, denn es geht hier um mich." Zumindest beantwortet der letzte Halbsatz die Frage, ob es den Volksentscheidlern wirklich um das Gemeinwohl geht oder doch eher umegoistische Motive.

Hätten die Sänger doch besser den Ratschlag in den Klageliedern Jeremias (Kapitel 3, Vers 26) befolgt! Da heißt es: "Gut ist es, schweigend zu harren auf die Hilfe des Herrn."

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10 Kommentare

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  • BS
    Bruder Spaghettus

    Wir Pastafari von der KdFSM BB stehen voll und ganz hinter den Forderungen von "Pro Reli".

     

    http://fsm-uckermark.blogspot.com/

    http://fsmuckermark.foren-city.de/topic,233,-pro-reli.html

     

    Leider scheinen die das aber nicht verstanden zu haben, denn bei unserer "Gegendemo" zur Eröffnung der zweiten Stufe des Volksbegehrens vor der Gedächntniskirche bekamen wir von den Hausherren nach nur 5 Minuten Flyerverteilen ein Hausverbot.

     

    Trotz mehrer Interviews war dann aber von uns nirgendwo zu sehen, hören oder lesen.

     

    Haben wirklich alle unsere helfendes Eingreifen so mißverstanden?

  • J
    Jonas

    Der nächste taz-Artikel in dem für Islamunterricht an deutschen Schulen plädiert wird, kommt bestimmt.

  • PG
    Patrick Georgi

    "Des weiteren frage ich mich, ob religionsunterricht auch für alle religionen gibt?"

     

    Jede kirchenrechtliche Körperschaft des öffentlichen Rechts darf (u.A.) Kirchensteuer erheben und Religionslehrer stellen.

    Allerdings nutzen die wenigsten existierenden kirchenrechtlichen KdöR diese Möglichkeiten.

     

    Das heißt, wenn sich ein entsprechender Verband, der eine Religionsgemeinschaft vertritt, um diesen Status bemüht, könnte er beides (und einiges mehr) in Anspruch nehmen.

  • R
    Rachedernagetiere

    bin eigentlich der letzte der sagen würde; die frau solle in der gemeinde schweigen. nun muss ich allerdings sagen: pfui teufel.Schweig, schweig, schweig! man wünscht sich zusätzlichen musikunterricht; und der kunstlehrer hängt wahrscheinlich ohnehin kopfüber am kreuz. gut für ihn. wir haben es nicht so leicht.jenseits allen christlichen scheissdrecks bleibt mir nur, abgesehen von der religiösen sache, die ich nicht bewerten will, zu sagen: meine oma kann besser singen, und die ist seit zwanzig jahren tot, und beats programmieren auch. reimen übrigens auch. naja; der HErr wird sicher die guten von den schlechten musikern scheiden, wenn ER schon sonst nich so viel zu tun hat. aber wenn ich euch clowns höre, muha.

  • GC
    Gernot C.

    Weniger Werte werden dann vermittelt, wenn konfessioneller Unterricht als Zusatzangebot ausgewiesen wird, welches innerhalb von Schulen naturgemäß nur von wenigen wahrgenommen wird. Die Headline ist daher (bewusst?) irreführend formuliert. Die Wahl des in Deutschland aufgrund seiner Konnotation und Geschichte verbrämten Begriffs „Propaganda“ für dieses melodische Filmchen mag jeder selbst beurteilen. Was bleibt ist der Versuch, Allgemeinplätze als Werte zu deklarieren und religiösen Bekenntnissen die Fähigkeit abzusprechen, ein solides Wertefundament für Schülerinnen und Schüler zu bilden. Wer hier stattdessen von „unegoistischen Motiven“ schreibt, für genau den gilt zweifelsfrei - si tacuisses (..)!

  • MW
    Martin Wolke

    Wieso dürfen eigentlich die Gläubigen ihre Kinder auf Staatskosten und in öffentlichen Schulen in die wundervollen Geheimnisse ihres Glaubens einweihen lassen? Käme denn die Religionsfreiheit zu kurz, wenn sie das auf eigene Kosten und in ihren eigenen Kirchen tun müssten?

     

    @Philip Wood:

    Ein Hinweis auf die befreiende und befriedende Wirkung des Glaubens hätte der Vollständigkeit halber noch gefehlt: Frankos Spanien, Mussolinis Italien, Pavelićs Kroatien, Talibans Afghanistan und heute das Iran der Mullahs.

    Wieso lastet ihr Frommen eigentlich die Verbrechen des Hitlerreiches immer den Atheisten an? Den einzigartigen Nazi-Klüngelverträgen verdanken doch die deutschen Kirchen bis heute ihre parasitären Sonderrechte. Warum wollt ihr nicht sehen, dass Hitler in erster Linie VEGETARIER war?!? Und Stalin: starker RAUCHER?!? Klingelts jetzt?

  • J
    Jan

    "Nicht, daß a-religiöse 'Wertesysteme' notwendigerweise Massenmord und Unterdrückung begünstigen, aber seltsamerweise scheinen sie es immer zu tun."

     

    ...im Gegensatz zum Christentum, das in der Weltgeschichte bisher auf äußerste und absolut friedfertige Weise in Erscheinung getreten ist... Dass der bible belt auch durch Deutschland führt, war mir bisher gar nicht bekannt.

  • P
    Peterle

    Nur gut, dass wir in einer Demokratie leben^^

     

    Aber traurig ist es schon, dass überhaupt werte von staatlicher seite vermittelt werden, weil offentsichtlich Eltern, Freunde, Gesellschaft und Staat versagt haben oder man der meinung ist sie hätten.

    Und zum religionsuntericht, ist es nicht einer unserer grundsätze das staat und kirche getrennt sind, sprich der antrag ist von vornherein rechtswidrig?

    Des weiteren frage ich mich, ob religionsunterricht auch für alle religionen gibt?

    Und kann man dann dem bio unterricht fern bleiben, ist ja ehe alles lüge^^.

  • SR
    Stephan R. Mueller

    Zitat:

    "Daß a-religiöse Bildung zu mehr Werten und mehr Freiheit führt, ist eine gewagte Beurteilung!"

    Davon spricht der Artikel nicht -> diese Behauptung wird nicht aufgestellt -> keine Beurteilung.

     

    Es geht darum _nur noch_ Religion zu unterrichten und Ethik dafür fallen lassen zu dürfen. I.e. es wird für Religion geworben, in dem den Schülern erklärt wird sie dürften (sic) dafür auf Ethik-Unterricht verzichten. Dass dies zu mehr Werten und Freiheit führt halte ich dann übrigens auch für eine gewagte _Behauptung_.

    Religion und Marketing passen einfach nicht zusammen.

     

    Gruß.

  • PW
    Philip Wood

    Daß a-religiöse Bildung zu mehr Werten und mehr Freiheit führt, ist eine gewagte Beurteilung! Schauen wir uns doch einmal die großen atheistischen 'Wertesysteme' der jüngeren Geschichte an: Hitlers Deutschland, Stalins USSR, Maos China, Pol Pots Cambodia at al. Nicht, daß a-religiöse 'Wertesysteme' notwendigerweise Massenmord und Unterdrückung begünstigen, aber seltsamerweise scheinen sie es immer zu tun.