Chefredakteurin wird gefeuert: Kein Platz für Lesbe
Der Chefredakteurin einer finnischen Tageszeitung wurde gekündigt - weil sie lesbisch ist. Kollegen protestieren.
Noch bevor sie ihren Posten antreten konnte, wurde der neuen Chefredakteurin der im nordfinnischen Rovaniemi erscheinenden Tageszeitung Lapin Kansa schon wieder gekündigt. Grund: Johanna Korhonen lebt mit einer Frau zusammen.
Eine offen lesbische Chefredakteurin sei für den Verlag auf diesem Posten unmöglich, habe der Verlagschef des finnischen Medienkonzerns Alma-Media, Kai Telanne, die Kündigung ihr gegenüber begründet, so Korhonen. Für den Fall, dass sie auf den Posten verzichte und die Gründe nicht öffentlich mache, habe Telanne ihr 100.000 Euro angeboten. Doch Korhonen lehnte ab und ging nun an die Öffentlichkeit: "Ist meine Familie etwa eine kriminelle Organisation?"
Alma-Media versucht nachträglich noch zu retten, was nicht mehr zu retten ist. "Es hätte uns nicht gestört, wenn sie mit einer Frau zusammenleben würde. Der Fehler lag in der Vertrauenskrise, die während des Anstellungsprozesses auftrat", behauptet Kommunikationschef Rauno Heinonen. Korhonen habe den Verlag nicht darauf aufmerksam gemacht, dass sie mit einer Frau in "registrierter Partnerschaft" lebt. Sie habe den Verlagschef nicht korrigiert, als dieser wissen wollte, ob denn ihr "Ehemann" auch nach Rovaniemi umziehen werde. "Das schien mir einfach nicht wichtig", sagt Korhonen. "Was hat das Geschlecht meines Partners mit meiner Arbeit zu tun?"
Die inakzeptable Personalentscheidung kann Alma-Media teuer zu stehen kommen. Die Polizei hat Ermittlungen wegen Verdachts eines Verstoßes gegen das Antidiskriminierungsgesetz aufgenommen. Korhonen will vors Arbeitsgericht ziehen. Gegen die Publikationen des Verlags, der mit Aamulehti und Iltalehti die zweit- und drittgrößte finnische Tageszeitung herausgibt, gibt es mittlerweile mehrere Boykottaufrufe, darunter einen der Universität in Rovaniemi. Und die Belegschaft von Lapin Kansa fordert, dass Korhonen wie geplant als Chefredakteurin kommt und stattdessen Verlagschef Kai Telanne geht.
REINHARD WOLFF, STOCKHOLM
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt