piwik no script img

■ Cash & CrashMarkt der Möglichkeiten

Berlin (taz) – Wenn ich will, darf ich – ich muß aber nicht. Welch eine Aussicht in unserer von Sachzwängen geprägten Zeit! Immer mehr Banken wollen offenbar ihren KundInnen dieses prickelnde Freiheitsgefühl verschaffen und bieten Optionsscheine an. Experten sprechen bereits von einer Überschwemmung des Markts.

An der Deutschen Terminbörse (DTB), die vor drei Jahren ihre Computer bei den Händlern installierte, versechsfachte sich die Zahl der Kontrakte seit Anfang 1990. Und die Kurve zeigt steil nach oben: schon fast 22 Millionen Optionen auf je 50 Aktien wurden geordert. „Aber das ist ein Produkt, das man nicht einfach mal so ausprobieren kann“, warnt DTB-Sprecher Wilhelm Brandt. Denn im Gegensatz zu einem normalen Aktienkauf kann das finanzielle Risiko fast unbegrenzt sein.

Zunächst gibt es im Optionshandel zwei mal zwei Grundpositionen: Emma verspricht Otto, Aktien, Devisen oder Rentenpapiere zu liefern, wenn er es möchte. Dafür muß Otto eine Prämie zahlen. Die andere Variante: Emma verpflichtet sich, die Papiere auf jeden Fall abzunehmen – Otto kann liefern, wenn es günstig für ihn ist. Genauso denkbar ist natürlich eine umgekehrte Rollenverteilung. In unseren Beispielen ist Emma die risikofreudige Spekulantin, Otto hingegen sichert sein Vermögen ab. Die Realität aber ist meist viel komplizierter, weil die Optionen selbst vielfach weiterverkauft werden.

Das Verführerische am Optionshandel ist der zunächst geringe Kapitaleinsatz und der schnelle Geschäftsabschluß. Und im Gegensatz zum normalen Aktienhandel lassen sich auch mit sinkenden Kursen dicke Gewinne machen – wenn man einen Wettpartner gefunden hat, der sich verpflichtet hatte, Wertpapiere oder Devisen für den früheren Kurs zu kaufen. Bleibt der Kurs hingegen relativ konstant, kassiert in unserem Beispiel Emma die Prämie, ohne etwas geliefert oder gekauft zu haben. Steigt der Kurs extrem, muß der zur Lieferung verpflichtete Partner die Papiere teuer am Markt einkaufen und seinem Optionspartner zu dem vereinbarten Preis liefern.

Inzwischen aber ist der Handel mit Optionen und Futures, bei denen sich beide Partner zu der Ausführung des Geschäfts in der Zukunft verpflichten, noch weitaus komplizierter geworden. Mittlerweile gibt es Optionen auf Optionen und sogar noch weitaus schwerer zu durchschauende Konstruktionen. „Da blick' ich auch nicht mehr durch“, gibt Wilhelm Brandt von der DTB zu, wo das verschachteltste Angebot die Option auf einen Dax-Future ist, also den Korb der wichtigsten deutschen Aktien.

Im konventionellen Aktienhandel sorgt der Optionsmarkt ebenfalls für Konfusion. Denn er bringt oft alle, zumindest lose an der aktuellen wirtschaftlichen Situation der Unternehmen orientierten Prognosen durcheinander. Annette Jensen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen