■ Cash & Crash: Süd-Koreas schwarzer Freitag
Berlin (taz) – Freitag, der dreizehnte, das war in Süd-Korea ein wirklich schwarzer Freitag. An der Seouler Börse fand ein gewaltiger Kurssturz statt. Anlaß war eine Notverordnung, die Präsident Kim Young-Sam am Donnerstag abend verkündet hatte. Darin verbot er Anlegern, Bankguthaben unter einem Pseudonym zu halten.
Binnen zwei Monaten sollen alle Konten unter Vorlage eines Personalausweises auf die richtigen Namen ihrer Eigentümer eingetragen werden. Mindestens sieben Prozent aller Aktien, so schätzt man in Seoul, werden unter falschem Namen gehalten; insgesamt sollen drei Billionen Won (rund 6,2 Milliarden Mark) auf Pseudonym-Konten angelegt sein.
Die südkoreanischen Yuppies und viele Träger von Amt und Würden gerieten daraufhin in Panik. So mancher der neureichen Finanzjongleure hat nämlich seine Gewinne auf illegalem Weg gemacht: In Süd-Korea sind Mitarbeitern von Banken und Börsen, die doch am leichtesten Spekulationserfolge erzielen können, Finanzgeschäfte verboten.
Aber weniger den Yuppies und ihren heimlichen Privatgeschäften soll der Spaß verdorben werden. Vielmehr richtet sich die Maßnahme vor allem gegen Korruption, Steuerhinterziehung und die Schattenwirtschaft im Lande. Der Kampf gegen die Bestechung soll das System der Günstlingswirtschaft, die nach Auffassung Kim Young-Sams das größte Hindernis für die internationale Wettbewerbsfähigkeit Süd-Koreas ist, beenden. Etwa 20 Prozent des Nationalprodukts sollen bislang in illegalen Wirtschaftszweigen erwirtschaftet worden sein.
Das Austrocknen der schwarzen Konten könnte allerdings zu einer akuten Kapitalknappheit vor allem bei kleinen und mittelständigen Firmen führen, so wird jetzt befürchtet. Diese waren bis jetzt nämlich stark abhängig von inoffiziellen Krediten, die wiederum größtenteils aus den Guthaben unter falschem Namen gespeist wurden.
Damit es zu keinen schlimmeren Verwerfungen auf den Finanzmärkten kommt – damit sich vor allem das schwarze Kapital nicht massenhaft über die Grenze davonmacht – gibt es ab sofort auch strengste Kontrollen bei Überweisungen ins Ausland und zudem Beschränkungen bei Immobiliengeschäften.
Ehrliche Bürger, so der Präsident, seien jedoch von der Notverordnung nicht betroffen. Und tatsächlich scheint sie bei der Mehrheit der Bürger auf große Zustimmung zu stoßen. Anders die Situation bei zahlreichen hohen Beamten: Offenbar haben bereits Dutzende ihre Posten geräumt – das war ihnen wohl lieber, als ihre Vermögensverhältnisse offenzulegen, wie es von ihnen nun verlangt wird.
Am Freitag machten dafür die Gold- und Juwelenhändler das Geschäft ihres Lebens; viele Juweliere öffneten ihre Geschäfte früher als sonst, um dem Run all derer gewachsen zu sein, die ihre unter falschem Namen gehorteten Vermögen nun ganz inkognito anlegen wollten. Nicola Liebert
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