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■ Cash & CrashFriedens- und andere Dividenden

Berlin (taz) – Wo die politische Lage ungewiß ist, wo ständig kriegerische Auseinandersetzungen dräuen, da fühlt sich das große Geld nicht wohl. Wenn nun aber ein uralter Konflikt plötzlich gelöst wird, dann werden überall auf der Welt die Anleger hellhörig. So war es in Deutschland, als die Mauer fiel: An der Börse fand ein richtiger Höhenflug statt. Und so mag es auch im Nahen Osten sein. Zumindest an der Börse von Tel Aviv sind Anzeichen eines Booms erkennbar.

In den gut zwei Wochen, seit der Friedensplan zwischen Israel und der PLO enthüllt wurde, kletterten die israelischen Aktien um über 14 Prozent. Bisher war die Tel Aviver Börse eher ein Winzling im internationalen Vergleich. Ausländische Investoren hielten sich fern, und das, obwohl sich schon 1991 und 1992 mit isrealischen Aktien gewaltige Profite erwirtschaften ließen. Nur knapp 60 israelische Unternehmen werden auch in den USA gehandelt, so daß hier etwas ausländisches Kapital hereinkam.

Das könnte sich jetzt ändern. Immerhin hat der Aktienmarkt Israels ein größeres Potential als der von Ländern wie Österreich oder Belgien. Die ersten US- amerikanischen Investmentfirmen kündigten bereits Pläne an, demnächst Anlegern in den USA israelische Aktien anzubieten, wie die US-Zeitschrift Business Week berichtet. Vor allem an Firmen, die direkt vom Frieden profitieren – etwa im Tourismus und im Immobiliengeschäft –, herrscht Interesse. Ein Friedensabkommen mit der PLO und demnächst wahrscheinlich auch mit anderen Ländern im Nahen Osten dürfte sich auf die israelische Wirtschaft außerordentlich belebend auswirken, wenn nicht mehr der größte Teil des Haushalts in die Verteidigung gesteckt wird. Nur die Rüstungsindustrie wird bei den Anlegern an Attraktivität verlieren.

Wenn die Israelis vom Friedensabkommen profitieren, dann sollte das eigentlich für die Palästinenser auch gelten. Eine palästinensische Börse gibt es jedoch nicht, bislang jedenfalls nicht. Obwohl auch für die palästinensischen Unternehmen gute Gewinne vorhergesagt werden. Ihre einzige Möglichkeit, zusätzliches Kapital aufzunehmen, besteht derzeit darin, Bankkredite aufzunehmen oder auf Geldgeber zu warten, die direkt in die Unternehmen investieren. Die Weltbank, die demnächst einen Bericht über die West Bank und den Gaza-Streifen herausgibt, wird darin wahrscheinlich auch die Einrichtung einer eigenen Börse empfehlen. Nicola Liebert

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