■ Cash & Crash: Once in a lifetime ...
Ach, Spekulanten haben es schwer. Jeder Hausmeister weiß inzischen, daß man an unserer Aktienbörse im letzten Jahr sein Vermögen hätte trefflich vermehren können. Doch wie die Unbefangenen haben es auch viele institutionelle Anleger und Börsenkenner verpaßt, rechtzeitig auf die entsprechenden Wertpapiere zu setzen. Weil der Zug längst abgefahren ist, halten die Träumer immer mehr Ausschau nach exotischen Alternativen. Sagenhafte Gewinne und gigantische Risiken haben viele von ihnen nach Fernost gelockt, wo es wirtschaftlich nur so boomt.
Doch dem heißen Tanz folgte in diesem Jahr schnell die kalte Dusche: Die Hongkong-Börse hat bis heute fast 30 Prozent verloren, China sogar 37 Prozent, Malaysia 22 Prozent, in Thailand sind es 27 Prozent — und dies auch noch im schwachen US- Dollar gerechnet. Der Emerging-Markets-Sammelindex sackte um 12 Prozent ab. Der Jammer ist groß, schließlich galten die Exotenplätze als Geheimtip für eine schnelle Mark. Selbst für dauerhafte Engangements auf diesen Märkten gab es mehr als gute Gründe: In den Regionen der Emerging Markets leben 85 Prozent der Weltbevölkerung, die in bezug auf die Kaufkraft schon heute 40 Prozent der globalen Wertschöpfung erwirtschaften. Die Wachstumsaussichten sind geradezu rosig und erinnern manchen gewinnsüchtigen Investor an das Wirtschaftswunder nach dem Zweiten Weltkrieg.
Daß derartige kursmäßige Traumkarrieren regelmäßig in der Gosse enden, daran hat die Anlegerschar jedoch nicht gedacht. Zwar analysieren einige Börsenbriefe haargenau Zinsen und Währungen, monetäre und zyklische Entwicklungen sowie wirtschaftliche und politische Verhältnisse der Länder. Doch riskante Spekulantengeschäfte, Korruptionsaffären, Finanz- und Bankenskandale bringen nicht selten das Einlagegeschäft völlig durcheinander. Auch wer von der Verläßlichkeit der westlichen Börsenmärkte verwöhnt ist, muß manchen heilsamen Schock erleben: So schnell wie die börsennotierten Gesellschaften aus dem Boden schießen, so schnell verschwinden sie auch wieder. Nicht nur die Flut neuer Emissionen sorgt für Verwirrung, auch die Fonds bleiben unsicher. So macht die Prämie des Taiwan Fund heute gerade noch 12 Prozent aus, zur Jahreswende waren es noch 46 Prozent. Und wer im Malaysia Fund sein Glück suchte, wurde ebenfalls schwer enttäuscht: Er ist keinen Cent mehr wert als vor sechs Jahren, hat fünfmal seinen Trend geändert und den Anlegern je nach Timing zwischen 70 Prozent Verlust und 400 Prozent Gewinn beschert. Da hilft wohl nur Intuition, um einmal im Leben den großen Wurf zu landen. Erwin Single
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