■ Cash & Crash: Ethik macht kritisch
Berlin (taz) – Sein Geld politically correct anzulegen ist besonders bei in die Jahre und zu Geld gekommenen Angehörigen der Alternativszene populär – wenn auch oft genug mehr in den verbalen Äußerungen und weniger in den tatsächlichen Anlage-Entscheidungen. Aber welchen Nutzen haben sogenannte ethische Geldanlagen – außer natürlich einem reinen Gewissen für den Anleger? Verhindert werden ökologische oder soziale Schweinereien dadurch jedenfalls nicht, denn auf den Weltkapitalmärkten findet sich für alles ausreichend Geld, sofern nur der Profit stimmt.
Plausibler ist die Überlegung, daß durch zielgerichtete Anlage sinnvolle Unternehmungen gefördert werden, zum Beispiel Windenergie oder fairer Handel mit den Ländern des Südens. Wenn allerdings in solchen Bereichen gute Gewinne erwirtschaftet werden, sind die jeweiligen Firmen nicht auf ökologisch und sozial bewußte, „alternative“ Anleger angewiesen, denn dann finden sich auch anderweitig renditebewußte Investoren zuhauf. Etwas bewegen läßt sich also nur in a priori nicht gewinnversprechenden Unternehmungen. Und das setzt die Bereitschaft voraus, auf zumindest einen Teil der möglichen Rendite zu verzichten und so Firmen zu fördern, die auf den normalen Kapitalmärkten keine Chance bekommen. Freiwillige vor... Da es nur eine vorhersehbar begrenzte Zahl solcher Freiwilliger geben wird, können auch solche Anlageformen gesamtwirtschaftlich herzlich wenig bewegen.
Vor allem in den USA gibt es derzeit eine Bewegung in eine ganz andere Richtung. Gerade bei den großen konventionellen Konzernen, die Umwelt und Gesellschaft am stärksten beeinflussen, müsse sich etwas ändern. Solche „unethischen“ Unternehmen dürften nicht allein skrupellosen, profitgierigen Anlegern überlassen werden. Umweltbewußte Aktionäre verdienen einerseits mit den Aktien der Konzerne Geld, und andererseits können sie – je mehr sie sind, desto stärker – Druck auf das Konzernmanagement ausüben. Solcher Druck hat in den USA zum Beispiel Konzerne wie General Motors und Sun Oil zu einer Selbstverpflichtung gebracht, mehr Energie zu sparen und Umweltdaten detailliert zu veröffentlichen. Vom ethischen zum kritischen Aktionär, heißt die Devise. Nicola Liebert
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