Carl-Diem-Weg : Armutszeugnis
Die Lindenthaler Bezirksvertreter haben eine Chance vertan. Sie hätten mit einem Straßenumbenennungsbeschluss ein gutes, ein notwendiges Zeichen setzen können, das weit über die Grenzen Kölns Aufmerksamkeit erregt hätte. Aber sie wollten nicht.
KOMMENTAR VON PASCAL BEUCKER
Obwohl sich Carl Diem und die Kölner Sporthochschule über Jahrzehnte alle Mühe gegeben haben, seine braunen Spuren zu verwischen, gibt es inzwischen seit längerem keine Zweifel mehr über das Wirken des „großen deutschen Sportführers“ im Nationalsozialismus. Nein, es ist kein Geheimnis mehr, dass sich Diem von Anfang an den braunen Machthabern als williger Helfer angedient hatte. Und er war ein Überzeugungstäter.
Obwohl kein glühender Nazi, hing er doch bereits zu Zeiten der Weimarer Republik einem deutschnationalen, antidemokratischen und militaristischen Denken an, das ihn „nazi-kompatibel“ machte. Seine Rede auf dem Berliner Reichssportfeld am 18. März 1945, bei der er zum „finalen Opfergang für den Führer und das Vaterland“ aufrief, war kein „Ausrutscher“ – es war die letzte logische Konsequenz.
Es bedarf keiner „Expertenanhörungen“ mehr. Dass die Straße an der Sporthochschule den Namen eines Mannes trägt, dessen Credo lautete, „Sport ist freiwilliges Soldatentum“, ist ein Skandal. Es hätte keinen besseren Zeitpunkt geben können, als dies anlässlich des Kriegsendes vor 60 Jahren in Köln endlich zu korrigieren. Doch dazu ist es leider nicht gekommen. Eine nachvollziehbare Begründung, warum die Lindenthaler SPD gemeinsam mit den rechtsextremistischen „Pro Köln“-Abgeordneten dagegen stimmten, gab es ebenso wenig wie eine plausible Erklärung von CDU und FDP, warum sie sich der Stimme enthielten. Aus den nicht-grünen Reihen hieß es nur immer wieder, die Damen und Herren fühlten sich nicht genug informiert, um sich eine eigene Meinung über Diem bilden zu können. Das allerdings ist ein Armutszeugnis.