CSU-Parteichef Erwin Huber: Der gescheiterte Wadlbeißer
Die CSU hat verloren und Parteichef Huber ist der Depp. Die Quittung dafür, dass er die CSU nur am rechten Rand des demokratischen Spektrums verorten wollte.
Man traut ihm das kaum zu. Aber es gibt seltene Momente, da öffnet Erwin Huber seinen Mund und heraus kommen nicht die üblichen Erwin-Huber-Leersätze, sondern Worte echter Weisheit. "Der Sündenbock ist kein Herdentier", hat der CSU-Chef gesagt. Das war im Februar. Und Huber wusste schon da: Wenn das Wahljahr schlecht läuft, wird er geradestehen müssen.
Jetzt ist das Undenkbare passiert: Die CSU hat gerade mal 43 Prozent geholt, ihr Ziel "50 Plus X" weit verfehlt und das schlechteste Ergebnis seit 1954 eingefahren. Und Erwin Huber ist der Depp. Er war im Herbst 2007 als neuer CSU-Vorsitzender angetreten, um das Vertrauen der Bayern in die Partei zurückzugewinnen, das Edmund Stoiber in den letzten Monaten seiner Herrschaft so selbstherrlich verspielt hatte. Daran ist Huber gescheitert.
Wenn der Niederbayer Huber auf einer Wahlkampfbühne stand, dann nuschelte er wie andere nach zwei Maß Bier. Seine Sätze klangen hakelig, wie unsicher abgelesen. Reden war noch nie seine Stärke. Huber hatte sich als gelernter Finanzbeamter aus ärmlichen Verhältnissen 20 Jahre lang in der CSU nach oben gearbeitet, bis ihn Franz Josef Strauß 1988 zum Generalsekretär machte. Huber bekam den Ruf des "Wadlbeißers". Er polarisierte, wie es sonst nur ein Edmund Stoiber konnte. Die Union, so Hubers Überzeugung, müsse stets an den rechten Rand des demokratischen Spektrums gehen, um Erfolg zu haben. Aber Bayern hat sich gewandelt in den Jahren, in denen Huber als Finanzminister und Staatskanzleichef unter Stoiber arbeitete. Die Milieus und Lager von früher haben sich aufgelöst. Huber hat das ignoriert. Er machte 2008 Wahlkampf wie vor 20 Jahren.
Huber rief einen "politischen Kreuzzug" gegen die in Bayern bisher völlig unbedeutende Linkspartei aus. Nun, am Wahlabend, steht sie knapp unterhalb der 5-Prozent-Hürde. Ohne die große Aufmerksamkeit durch Hubers Wahlkampf wäre das nicht möglich gewesen. Huber setzte die unerfahrene Christine Haderthauer als Generalsekretärin durch. Die keilte, anstatt Inhalte zu präsentieren, lieber im Tagesrhythmus auf Linke, Grüne und SPD ein und druckte Plakate mit dem sinnfreien Slogan "Sommer, Sonne, CSU".
Erwin Huber ist bisher nach jeder Niederlage zurückgekommen. Als Generalsekretär verschuldete er für CSU-Ansprüche verheerende 40-Prozent-Ergebnisse bei der Europa- und bei der Kommunalwahl. Als Finanzminister war er in Skandale um den Bäderkönig Zwick und die Milliardenverluste der BayernLB verwickelt. Geschadet hat das Hubers Karriere nie. Im nächsten Jahr will er sich für einen Sitz im Bundestag bewerben. BERNHARD HÜBNER
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