CSU-Ministerin torpediert Energiewende: „Blackout bei Aigner“
Verbraucherschutzministerin Ilsa Aigner entdeckt die Kostendebatte über Ökostrom. Sie will die Pläne zum Ausbau der Windenergie blockieren. Die Kritik ist vernichtend.
BERLIN dpa/taz Nachdem seit Monaten diskutiert wird, wie die Kosten der Energiewende fair zwischen Industrie und Verbrauchern verteilt werden, meldet sich nun auch die Verbraucherschutzministerin zu Wort: Die geplante Kostenbeteiligung der Bürger bei Verzögerungen des Windstromausbaus in Nord- und Ostsee ist Ilsa Aigner (CSU) offenbar ein Dorn im Auge.
Einen Referentenentwurf dazu lehnt sie wegen unkalkulierbarer Kostenrisiken ab. Bürger sollen über den Strompreis demnach mögliche Schadenersatzzahlungen tragen für Windparks, die wegen Netzproblemen keinen Strom liefern können.
Das federführende Wirtschaftsministerium kritisierte Aigner scharf. „Die Energiewende ist gemeinsam von allen Partnern in der Koalition beschlossen worden. Vor dem Hintergrund ist die Kritik nicht nachvollziehbar“, sagte eine Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP).
Der ebenfalls am Entwurf beteiligte Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) betonte, er sei zuversichtlich, dass eine rasche Lösung gefunden werde. Niedersachsens FDP-Umweltminister Stefan Birkner sprach sogar von einem „Blackout bei Aigner“.
„Generell nochmals reden“
Dagegen gab es aus Bayern versöhnlichere Töne von Seiten der FDP, die dort mit der CSU regiert: „Aus dem Blickwinkel der Planungssicherheit sind solche Haftungsregelungen zwar grundsätzlich richtig. Allerdings müssen wir generell über alles, was die Verbraucher zusätzlich belastet, nochmals reden“, sagte der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) der taz.
Nach Altmaiers und Röslers Plänen sollen Offshore-Windparkbesitzer bei längerem Stillstand ihrer Anlagen wegen Leitungsstörungen eine Entschädigung für nicht eingespeisten Strom in Höhe von 90 Prozent der gültigen Windstrom-Fördersätze bekommen. Laut Aigners Ministerium gingen die Regelungen eindeutig zu Lasten des Stromverbrauchers. „Sie sind kaum beherrschbar und mit marktwirtschaftlichen Prinzipien nicht zu vereinbaren“, heißt es in einem Referentenentwurf.
Stehen Windmühlen im Meer still, sind die Verluste immens. Vor allem, wenn der Netzanschluss nicht rechtzeitig fertig ist. Aktuell kommt es genau dazu. Die Schäden schätzen Experten auf hohe dreistellige Millionenbeträge pro Jahr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs