CO2 fällt unter Luftreinhaltegesetz: Klimawandel in den USA
Jetzt ist es auch in den Vereinigten Staaten amtlich: Treibhausgase sind schuld an der Erderwärmung. Die US-Umweltbehörde macht mit ihrer Feststellung den Weg frei für strengere Gesetze.
BERLIN taz Treibhausgase schaden der öffentlichen Gesundheit. Mit dieser Feststellung hat die US-Umweltschutzbehörde EPA am Freitag eine Trendwende in der amerikanischen Klimapolitik eingeleitet. Zwar klingt es ein wenig an den Haaren herbeigezogen, ausgerechnet mit der Gesundheit zu argumentieren - schließlich sorgt Kohlendioxid (CO2) dafür, dass Limo ganz ohne Gesundheitsrisiko bitzelt. Doch diese Wendung ist entscheidend, weil damit das Luftreinhaltegesetz greift und die Administration nun die Emissionen regulieren kann.
Bislang erfasst das Gesetz nur Schadstoffe wie Ruß oder Schwefeldioxid, nicht aber CO2, Methan und andere Klimagase. Die EPA bezeichnet den Klimawandel nun als "enormes" Problem. "Die Treibhausgase, die dafür verantwortlich sind, gefährden die öffentliche Gesundheit und das Gemeinwohl in Sinne des Luftreinhaltegesetzes", so lautet der entscheidende Satz. Damit ist es jetzt auch in den USA amtlich: Die Erderwärmung und die Emissionen aus Kraftwerken, Fabrikschloten und Auspuffrohren stehen in einem direkten Zusammenhang.
Die vorherige Regierung unter Präsident George Bush hatte dies stets bezweifelt. Dies dürfte sich nun ändern. Präsident Barack Obama hat bis 2020 die Verminderung der Treibhausgasemissionen auf den Stand von 1990 versprochen. Dafür will er auch ein CO2-Emissionshandelssystem nach dem Cap-and-Trade-Verfahren einführen - also den Handel mit Emissionszertifikaten bei stetiger Verringerung der Zahl der verfügbaren Zertifikate.
Im Kongress gibt es jedoch Widerstand gegen einen entsprechenden Gesetzentwurf, nicht zuletzt von demokratischen Abgeordneten aus Staaten mit traditioneller Industrie und Kohleminen. Darum bezeichnet die US-Umweltorganisation The Nature Conservancy den EPA-Report als großen Erfolg. "Obama besitzt jetzt ein Druckmittel: Er kann mit der Einführung strenger Grenzwerte drohen, wenn sich der Kongress nicht auf einen Emissionshandel einigt", erklärte Europa-Repräsentant Sascha Müller-Kraenner.
Die EPA war dabei zunächst unfreiwillig aktiv geworden. Vor zwei Jahren hatte der Oberste Gerichtshof die Behörde angewiesen, sich mit den Umweltgefahren durch Treibhausgasemissionen zu befassen. Vergangenes Jahr verklagten dann mehrere US-Bundesstaaten die EPA, weil sie trotz des Urteils immer noch keine Vorschriften zur Begrenzung des CO2-Ausstoßes bei Neuwagen erlassen hatte.
Bis die EPA-Maßnahmen zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen greifen und aus den Klimaschutzentwürfen im Kongress konkrete Gesetze werden, dürfte es allerdings noch dauern. Zunächst beginnt eine 60-tätige Anhörungsphase, in der die zu erwartenden Folgen für die Wirtschaft analysiert werden sollen.
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