CHRISTIANE MÜLLER-LOBECK LEUCHTEN DER MENSCHHEIT : Kill-Bill oder Die Firma zu Hause
Eigentlich ein Wunder, dass in Deutschland so wenige Frauen ihre Männer umlegen. Im Ernst. So sind die Dinge hier. Tot bringt der Alte zur popeligen eigenen eine Witwenrente. Lebend dagegen streicht er eine im Schnitt doppelt so hohe Rente ein. Wollen Sie das noch mal lesen? Doppelt so hohe! Geht aber womöglich für seine Pflege drauf. Und dann die Arbeit, die der macht?
Jetzt gibt es ein schönes Buch, das die Schizophrenie der hiesigen familien- und eherechtlichen Regelungen gebührend herausstreicht und nach Lösungen sucht: „Ein Mann ist keine Altersvorsorge“ (Kösel Verlag, 2015). Und falls jemand glaubt, nach diesem wahnsinnig gelungenen Titel erübrige sich die Lektüre, irrt gewaltig.
Erst mal sagen seine Autorinnen, Finanzberaterin Helma Sick und Exfamilienministerin Renate Schmidt, was Jungfeministin Laurie Penny auch sagt: „Lieber jetzt unromantisch als morgen arm“. Weil die meisten mit Männern liierten Frauen nämlich gar nicht merken, wie blöd sie eines Tages dastehen werden. Blöder, wenn der eine von beiden irgendwann abhaut, aber schon blöd genug, wenn man zusammenbleibt.
Das Buch richtet sich an alle, aber wo es beratend wird, vornehmlich an Frauen mit Kindern oder Kinderwunsch. Denn falls diese Frauen ihrer Liebe zu einem Mann oder mehreren Männern und Kind(ern) mit Berufspausen, Teilzeitarbeit und Minijobs Ausdruck verleihen, dann Gute Nacht, unabhängige Altersversorgung.
Gute Nacht auch für die Zeit nach einer Trennung in jungen Jahren. Das neue Unterhaltsrecht seit 2008, viel zu wenig beachtet, sieht nach Scheidung oder Trennung keinen Unterhalt mehr vor für den geringer verdienenden Teil der Ehe oder Beziehung.
Gleichzeitig machen Witwenrente, beitragsfreie Mitversicherung und vor allem das scheußliche Ehegattensplitting bei der Steuer, finden die Autorinnen, die klassische Rollenverteilung immer noch viel zu attraktiv.
Um den ganzen Quatsch, den so kein anderes OECD-Land hat, abzuschaffen, seien jetzt alle gefordert: die Frauen, die Männer, die Arbeitgeber, die Politik. Und die beiden schreiben auch, wie. Gegen Ende, gänzlich unerwartet, der Klopper: „Die jetzige Bundesregierung ist dabei, die Forderungen nach und nach umzusetzen.“
Oh, Hilfe, die letzten Zeilen. Na ja, kein Ding. Da kann ich locker in 20 Jahren noch mal anknüpfen.
■ Christiane Müller-Lobeck ist freie Journalistin und lebt in Hamburg
Foto: privat