CHRISTIAN VEIT : Grips-Original ist tot
Keiner war beim Refrain „Vom Ku’damm bis zum KaDeWe sind wir die Sahne im Kaffee“ der berüchtigten Wilmersdorfer Witwen so gut dabei wie Christian Veit. Der Schauspieler legte sich nicht nur jedes Mal sprichwörtlich voll ins Zeug, er gab in der „Linie 1“ einfach immer den besten der Wilmersdorfer Drachen. Hütchen, Betonfrisur, reaktionäres Outfit über dem untersetzten Körper und Handtasche inklusive. Das Grips Theater wird schwer Ersatz finden für eines seiner Urgesteine und besonders für diese Rolle: Christian Veit ist am Montag nach kurzer Krankheit im Alter von 76 Jahren verstorben. Volker Ludwig, Grips-Intendant und Freund Veits, sprach von einem tiefen Verlust für die Kinder- und Jugendbühne.
Dabei hatte Veit zunächst gar nicht Schauspieler werden wollen, schon gar nicht einer für das Kindertheater, das er „das Letzte“ fand. Veit, 1935 in Leipzig geboren, studierte zuerst Buch- und Zeichenkunst und präsentierte seine Bilder in Galerien und Ausstellungen. Nach einem Schauspielstudium 1963 in München klappte es mit kleinen Rollen in Tübingen, München und Wien.
In den wilden 68ern zog es Veit nach Berlin, als politischer Kopf und Linker machte er zunächst Kabarett, lernte Ludwig kennen, der ihn ans Grips holte. 1972 heuerte er dort fest im Ensemble an. Veit, der im Fach den Typ ollen Berliner manchmal prollig, machmal recht witzig gab – als Schlucki, Vater, Verwirrter, Witwe Martha, empörter Mann – setzte niemals allein auf Klamauk. „Er war viel zu sehr an gutem Theaterspiel interessiert und nicht am Effekt“, sagt Ludwig, für den Veit auch als Autor für das Kinder- und Jugendtheater tätig war.
2001 ging Veit in den Ruhestand. Nur die Witwen-Rolle gab er nicht auf. Am 4. Mai 2011 spielte Christian Veit noch mit der ihm typischen Leidenschaft und Originalität die 1.500. Vorstellung von „Linie 1“. Es war seine letzte. ROLA Foto: Grips/Archiv