CHRISTIAN SCHWARZ-SCHILLING IST GUT FÜR BOSNIEN-HERZEGOWINA : Kein politischer Bulldozer
Endlich ist die lang erwartete Entscheidung gefallen. Aufgrund eines fehlenden Vorschlags aus Berlin hatte der Europäische Rat bisher noch keinen Nachfolger für den Briten Paddy Ashdown als Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina benannt. Mit dem Vorschlag, Christian Schwarz-Schilling als deutschen Kandidaten für diesen Posten zu bestimmen, hat Angela Merkel ein erstes Zeichen für ihre außenpolitische Position gesetzt. Nachdem Deutschland schon die größten Truppenkontingente in Bosnien und dem Kosovo stellt, wird nun auch auf zivilem Gebiet nachgezogen. Und damit, vorausgesetzt der Europäische Rat stimmt zu, wird Deutschland neben den USA zur wichtigsten Macht auf dem Balkan aufsteigen. Die Gegenkandidaten aus Italien, Tschechien und den Niederlanden wird kaum eine Chance zugemessen.
Berlin übernimmt in Bosnien Verantwortung: Zehn Jahre nach dem Krieg soll die Verfassung verändert und das Land fit gemacht werden für Gespräche mit der EU. Der scheidende Hohe Repräsentant Paddy Ashdown hat in den letzten Monaten schon erfolgreich Weichen in diese Richtung gestellt. Doch es gibt immer noch Widerstände aus den nationalistischen Lagern. Mit Schwarz-Schilling wurde jetzt allerdings jemand ins Gespräch gebracht, der höchste Anerkennung in der Gesellschaft hat. Als seit 1995 tätiger erfolgreicher Vermittler in bosnischen Regionalkonflikten kennt sich der Deutsche schon lange mit allen Details der Politik in diesem komplizierten Land aus. Das ist ein Pfund, mit dem er wuchern kann.
Ein politischer Bulldozer ist Schwarz-Schilling nicht. Aber das ist im heutigen Bosnien auch nicht mehr nötig. Zehn Jahre nach dem Krieg muss vor allem Fein- und Überzeugungsarbeit geleistet werden. Sich mit 74 Jahren so einen Job aufzuhalsen ist zwar nicht ohne Risiko. Doch der neben Hans Koschnick populärste deutsche Politiker in Bosnien hat einen Sympathievorsprung. Dem Zwang zum Erfolg kann er sich sicher nicht entziehen: Die Berliner Republik ist in Südosteuropa längst aus dem Schatten getreten. ERICH RATHFELDER