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Archiv-Artikel

CHRISTIAN BUSS DER WOCHENENDKRIMI Gently und der Spießer

Nordengland, Grafschaft Durham 1964: Die Drogen haben Englands Provinz erreicht, die Revolution indes lässt auf sich warten. In kleinen Kellerclubs spielen Bands die neuesten R-’n’-B-Nummern, während Töchter aus bürgerlichem Hause mit Amphetaminen dealen. Homosexualität aber ist weiterhin ein geächtetes Verbrechen, mit dem Rocker-Jungs, Mod-Mädchen und die sowieso komplett verstockten Wahrer des guten alten Empire allesamt nichts zu tun haben wollen.

In dieses Gemisch aus Modernismus und britischer Biederkeit muss nun Scotland Yards George Gently (Britkrimi-Veteran Martin Shaw) abtauchen. Gerade wurde seine Ehefrau von einem Serienkiller ermordet; die Spur führt ihn nach Durham, wo zwei Biker auf ihren Maschinen in den Tod gerast sind. In der Grafschaft wird der Sonderermittler nicht nur mit Rockern konfrontiert, die Marlon Brandos „Wild One“ als eine Art Bibel zitieren, sondern auch mit einem korrupten Polizeiapparat. Zum einzigen vertrauenswürdigen Verbündeten Gentlys wird ausgerechnet der konservative Karrierist Bacchus (Lee Ingleby).

Es dauert ein bisschen, bis das Täterrätsel nach der Vorlage von Alan Hunter in die Gänge kommt. Die tragischen Altlasten, die Gently mit sich rumschleppt, müssen erst mal ebenso ausgeführt werden wie die unübersichtlichen Verstrickungen innerhalb des Beamtensystems. Dann läuft der Retro-Krimi jedoch zu dem komplexen Drama eines Zeiten(um)bruchs auf. Zwei weitere Folgen sind beim ZDF für die nächsten Wochen angesetzt – auf die darf man sich freuen.

Besonders die Konstellation aus jungem Spießer und freisinnigem Fastrentner hält einige grandiose Dialoge parat. Klasse zum Beispiel, wie sich Kleingeist Bacchus von Knautschgesicht Gently etwas über Drogen und nonkonforme Sexualität erzählen lassen muss. Da kann er beim Alten wirklich mal was lernen.

■ „George Gently – Der Unbestechliche“, So., 22 Uhr, ZDF