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Archiv-Artikel

CHRISTIAN BUSS DER WOCHENENDKRIMI Kuscheltier im Sturmgepäck

Afghanistan als Laufbahnbeschleuniger? Immer wenn die jungen Soldatinnen nicht mitziehen, wenn sie sich gegen die subtile Gewalt oder gegen die offene Demütigung der männlichen Kameraden zur Wehr setzen, verweist der Spieß auf den Hindukusch: Verweigert er sein Okay, sieht’s schlecht aus mit der militärischen Karriere. Denn wer etwas werden will, für den oder die führt kein Weg am Mittleren Osten vorbei.

Man erhält in diesem „Polizeiruf“ einen gewissen Einblick in die innere Logik des Verteidigungsapparates. Zumal einem als Führerin Kommissarin Steiger (Stefanie Stappenbeck) zugewiesen wird, die nun zur Lösung eines Mordfalles dahin zurückkehrt, wo sie hergekommen ist: zum Bund. Als Hauptmann durchlief sie einst selbst die Vorbereitung zum Afghanistan-Einsatz, bevor sie vom Ermittler Papen zur Kripo geholt wurde.

Nachdem Papen-Darsteller Jörg Hube kurz nach dem Dreh zum ersten neuen Münchner „Polizeiruf“ verstarb, wurden zwei weitere um Steiger herum gebaut. Schwere Themen hat sie zu schultern – ohne dass sie als wirklich starke Persönlichkeit aufgebaut worden ist.

Das lässt auch „Zapfenstreich“ (Regie: Christoph Stark, Buch: Mario Giordano, Andreas Schlüter) etwas überfrachtet daherkommen: Erst wird radikal gegen den Einsatz in Afghanistan Stellung bezogen, dann geht es um strukturelle Schräglagen in der Truppe – inspiriert von realen Foltervorfällen.

Doch die Frauen, die in diesem „Polizeiruf“ den Schikanen ihrer männlichen Kameraden ausgesetzt sind, bleiben soziologische Abziehbilder – von der sensiblen Selbstprüferin mit Kuscheltier im Sturmgepäck bis zum Mannweib in Camouflage.

Gegen diese Klischees kann auch Exsoldatin Steiger nicht anstinken. So lässt der Zapfenstreich, der am Ende für sie und den tragisch umflorten Münchner „Polizeiruf“ geschlagen wird, einen halb melancholisch und halb erleichtert zurück.

„Polizeiruf 110: Zapfenstreich“ Sonntag, 20.15 Uhr, ARD