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Archiv-Artikel

CHRISTIAN BUSS DER WOCHENENDKRIMI Kaputter Spargelwitz

An einen Baum gelehnt schiebt ein Liebespaar neben dem Spargelfeld lautstark eine nächtliche Nummer. Gerichtsmediziner und Genussmensch Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) doziert derweil bei einem Luxus-Dinner über die luststärkende Wirkung des Asparagus. Und dann hat sich zur gleichen Zeit auch noch der Vater vom Kollegen Thiel (Axel Prahl) auf einen Spargelhof geschlichen, um dort ein paar Stangen zu stechen.

Kurzum: Es geht in unterschiedlichen Varianten ums goldige Gewächs, und weil man im WDR-Revier zum Putzigen neigt, hätte ein frivoles Lustspiel um Mord und Gemüse daraus werden können. Doch das war den Verantwortlichen nicht genug, und so werden ganz unpassend allerlei brisante Themen zusammengemischt: Arbeitskräfte -ausbeutung innerhalb der EU, Fremdenfeindlichkeit in der westfälischen Provinz und grausame Sexualverbrechen.

Denn die Frau des Spargelbauern, die wir am Anfang neben dem Acker beobachten konnten, liegt bald mit dem Spargelstecher aufgeschlitzt auf dem Hof. Es ist das zweite Unglück, das die Familie heimsucht: Ein Jahr zuvor wurde die Tochter missbraucht. Und wie eine DNA-Untersuchung ergibt, ist das Sperma in der Leiche der Mutter das gleiche wie einst bei der vergewaltigten Tochter.

Erstaunlich, wie es bei den beiden WDR-„Tatorten“ zurzeit immer weiter mit dem Niveau bergab geht. Die immer gleichen Regisseure und Autoren zimmern für Köln und Münster Storys zusammen, in denen die Sozioreportage nur den Vorwand gibt, damit die Ermittler ihre beliebten Sprüche loslassen können. Die Quoten sind immer phänomenal, die Plots haarsträubend.

„Spargelzeit“ (Regie: Manfred Stelzer, Buch: Jürgen Werner u. a.) erweist sich nun als ein besonders scheußliches Beispiel, als ein 90-minütiger Spargelstecherwitz zur falschen Jahreszeit. Frivol? Obszön!

Münster-„Tatort“: „Spargelzeit“, Sonntag, 20.15 Uhr, ARD