CDU zu Bahnprivatisierung: Lieber Staatskonzern als Volks-AG
Unionsfraktionsvize Hans-Peter Friedrich würde Bahnprivatisierung eher absagen, als dem Wunsch des SPD-Vorstands zu folgen.
BERLIN taz Nach der Entscheidung des SPD-Vorstands, die geplante Bahnprivatisierung durch das sogenannte Volksaktien-Modell zu realisieren, wachsen in der CDU/CSU-Fraktion Zweifel an dem ganzen Projekt. "Wenn das so auf dem SPD-Parteitag beschlossen wird, müssen wir darüber reden, ob unsere Ziele noch erreichbar sind", sagte am Dienstag der Vizefraktionschef Hans-Peter Friedrich der taz.
Die Lokführergewerkschaft GDL will von Donnerstagmorgen um 2 Uhr bis Freitagmorgen um 8 Uhr streiken. Dennoch solle die Hälfte der Nahverkehrszüge fahren, so sieht es der Notfallplan der Bahn vor. Dabei werde es allerdings regionale Unterschiede geben, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Besonders betroffen seien die ostdeutschen Bundesländer und die S-Bahnen in München und Berlin. Informationen zum Ersatzfahrplan gibt es von Mittwochnachmittag an im Internet (www.bahn.de/aktuell) oder über die kostenlose Hotline (08 00) 0 99 66 33. SPD-Chef Kurt Beck kritisierte die GDL. Für einen Betrieb und gleiche Tätigkeiten zwei Tarifverträge mit unterschiedlichen Leistungen zu fordern, störe den Betriebsfrieden, so Beck in den Ruhr Nachrichten.
Friedrich meint, durch den Beschluss des SPD-Vorstands sei ein neuer Sachverhalt eingetreten, der die Zustimmung der Union zur Privatisierung fraglich mache. Wenn die SPD sich auf diesen Weg einige, gebe es zwei Möglichkeiten: Entweder werde das Vorhaben ganz gelassen, oder man nehme erst einmal die Aktionäre herein. "Nach der Wahl muss es dann einen neuen Anlauf geben." CDU, FDP und Grüne wollten die Trennung von Netz und Betrieb bei der Bahn.
Das Volksaktienmodell, bei dem 25,1 Prozent der Bahnanteile als stimmrechtslose Aktien verkauft werden sollen, lehnt Friedrich ab. "Das ist für die Katz." Ziel der Bahnreform müsse es sein, dass der Bahnvorstand von Investoren kontrolliert werde, die ihr Geld in das Unternehmen steckten. Dies erreiche man nicht, wenn die Aktionäre zwar ihr Geld gäben, aber nichts zu sagen hätten. "Die Volksaktie ist nichts weiter als eine teure Art der Geldbeschaffung." Schließlich solle den Aktionären eine Rendite garantiert werden.
Der SPD-Parteivorstand hatte am Montag beschlossen, die Privatisierung der Deutschen Bahn über die Ausgabe stimmrechtsloser Aktien zu erreichen. Demnach sollen mindestens 25,1 Prozent des bislang staatseigenen Bahnkapitals in dieser Form verkauft werden. Über eine weitere Beteiligung privater Investoren soll der Gesetzgeber später auf Grundlage der bis dann gemachten Erfahrungen entscheiden.
"Private Investoren dürfen keinen Einfluss auf die Unternehmenspolitik ausüben", sagte SPD-Chef Kurt Beck zur Begründung. Die SPD wolle dafür sorgen, "dass der Infrastrukturauftrag der Bahn aufrechterhalten wird". Auch die Interessen der Länder müssten gewahrt bleiben. Die SPD wolle zudem an der Einheit von Betrieb und Netz bei der Deutschen Bahn festhalten. "Es darf keine Zerschlagung der Bahn geben", heißt es dazu in dem Vorstandsbeschluss. Umgekehrt will die SPD mit der Bahn eine Vereinbarung über genaue Qualitätsstandards für Netz und Bahnhöfe erreichen. Werden diese nicht eingehalten, soll es vertraglich festgelegte Sanktionen geben.
Ein Passus im SPD-Vorstandsbeschluss ist allerdings den Privatisierungsgegnern ein Dorn im Auge: die Möglichkeit, dass der Gesetzgeber später über eine weitere Beteiligung privater Investoren entscheiden soll. Denn die Privatisierungsgegner fürchten, dass bei einem solchen Vorgehen private Großinvestoren später durch die Hintertür doch noch zum Zuge kommen könnten. Wird der Passus nicht gestrichen, könnten sie darauf drängen, die Teilprivatisierung der Bahn ganz zu kippen - auch in Form der Volksaktie. Auf dem SPD-Parteitag am Ende der Woche, der unter anderem über die Bahnreform entscheidet, ist also noch für ausreichend Zündstoff gesorgt.
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