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Archiv-Artikel

CDU für Atomausstieg Pflügers Marsch zur Mitte

Bitte lesen Sie weiter, auch wenn Ihnen der folgende Satz überflüssig erscheinen mag: Der CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger hat sich für die Abkehr von der Atomkraft ausgesprochen. Zugegeben, das klingt aus mehreren Gründen unsinnig. Zum einen gibt es in und um Berlin gar keine Atomkraftwerke. Zum anderen scheint egal zu sein, wofür oder wogegen sich der Oppositionspolitiker Pflüger den lieben langen Tag ausspricht. Das ist es aber nicht.

KOMMENTAR VON MATTHIAS LOHRE

Der zugereiste Unions-Fraktionschef hat einen schweren Job. Er muss die provinzielle CDU ihrem Anspruch einer „liberalen Großstadtpartei“ nahe bringen. Nur so kann er in den Augen von SPD oder Grünen zum möglichen Koalitionär reifen. Zugleich darf Pflüger seine träge Parteibasis nicht überfordern. Da liegt es nahe, dem Patienten CDU den Wandel zunächst in homöopathischen Dosen zuzumuten. Und Atomkraft ist nicht gerade ein Aufregerthema in der hiesigen Union. Darüber soll sich die Bundespartei streiten.

Dort hat Pflüger seit seiner Wahl ins Bundespräsidium im November 2006 ein Wörtchen mitzureden. Der Merkel-Anhänger will sich bundespolitisch im Gespräch halten. Nur so kann er die Aufmerksamkeit erringen, die er gegen den allseits bekannten Wowereit benötigt. Der magere Posten eines Fraktionschefs einer Oppositionspartei genügt nicht, um Mitglieder und Sympathisanten von der eigenen Kompetenz zu überzeugen.

Doch Pflügers Nein zur langfristigen Nutzung der Atomkraft ist mehr als folgenlose Symbolpolitik. Es erinnert auch daran, wie viele Themen in Berlin brachliegen. Im Abgeordnetenhauswahlkampf übertrumpften SPD und Grüne einander mit Hinweisen, wie sehr ihnen die Förderung erneuerbarer Energien am Herzen liege. Berlin wolle Unternehmen dieser Branche stärker fördern, versprach die SPD. Berlin müsse „Solarhauptstadt“ werden, verlangten die Grünen. Die damals riefen, sind heute weitgehend verstummt. Pflüger bietet sich damit unerwartet ein Thema, das Wähler zur Union locken könnte. Die Konkurrenz könnten die Parteien gut gebrauchen.