CD-Kritik: Kammerphilharmonie, 4. & 7. : Ode an die Brüderlichkeit
Oha. Hat man versehentlich doch ein Streichquartett in den Player geschubst? Nein. Es ist eindeutig Beethovens Siebte. Doch, doch. Aber sie klingt so – ungewohnt: Hier wird nicht rumgesaut, kein pastöses Stahlgeigenpathos à la Karajan, und nach der langsamen Einleitung bricht der Kopfsatz in einem Affentempo los, ohne dass auch nur ein Lauf unter den Klangteppich gekehrt würde. Und endlich!, endlich wird der zweite Satz nicht als aufgerührter Weltschmerz gegeben, bloß weil er in a-Moll steht, endlich, endlich erklingt er einmal wirklich im zierlichen Allegretto, und erscheint seine Struktur so durchhörbar, dass jede Stimme zu ihrem Recht kommt. Auch Bratschen und Bässe. Haben ja schließlich auch eine Melodie. Es lebe die Brüderlichkeit!
Die deutsche Kammerphilharmonie unter Dirigent Paavo Järvi ist momentan auf umjubelter Welttournee, in Japan ist die zweite CD aus dem Beethoven-Zyklus bereits auf dem Markt. Und sie verleitet, wie bereits die Einspielung von Eroica und 8. Symphonie die Rezensenten zu Superlativen: „Weltbester Beethoven“, das soll in japanischen Feuilletons gestanden haben. Mit gutem Grund, auch wenn die Kategorie problematisch ist. Was man sagen kann: Es ist der frappierendste. So hat Beethoven noch nie geklungen, schon allein weil das Instrumentarium großteils modern, die Besaitung aber historisierend ist: Es geht nicht darum, den Ursprungs-Beethoven zu rekonstruieren. Stattdessen lassen sie die altbekannten Werke ursprünglich klingen, lebendig – neu: Wenn Qualität Auswirkungen auf den Absatz hat, ist eine Vorbestellung geboten. bes
Paavo Järvi, Deutsche Kammerphilharmonie Bremen: Beethoven, Symphonien Nr. 4 in B und Nr. 7 in A, Sony/RCA