Burda startet Lifestyle-Öko-Magazin: Öko muss nicht weh tun
Eigentlich sollten wir die Welt retten: Mit "Ivy" testet der Burda-Verlag ein Lifestylemagazin für Lohas, konsumkritische Spaßkonsumenten.
Wenn Michalis Pantelouris über seine Zukunft nachdenkt, denkt er oft an einen Bauch. Nicht an seinen eigenen wohlgemerkt, sondern an den des Dr. Hubert Burda. Denn dort im Bauche des Verlegers, und nur dort, sagt Pantelouris, werde sich entscheiden, "ob wir mit unserer Idee Erfolg haben werden oder eben jemand anderes".
Die Idee heißt Ivy und soll, wenn es nach den Chefredakteuren Pantelouris und Alexander Böker geht, den deutschen Magazinmarkt umkrempeln. Eine neue Form von Hochglanzheft soll Ivy werden: stylish, aber öko; cool, aber nachhaltig. "Lifestyle für eine bessere Welt" steht auf dem Titel und ist wohl wirklich ernst gemeint. Deshalb werden in dem Heft nicht Sport-, sondern Elektroautos vorgestellt, deshalb tragen die Models in der Fotostrecke Ökoseide, und deshalb darf Heike Makatsch im Interview erklären, dass sie für eine gerechtere Welt kämpft.
"Das ist zeitgemäßer Lifestyle", sagt Pantelouris, "alle anderen Lifestylemagazine werden irgendwann irrelevant." Der Burda-Bauch aber scheint noch zu grübeln. Das Internetportal ivyworld.de gibt es schon seit November 2007. Die erste Printausgabe vertreibt der Verlag bisher nur probeweise an ausgewählten Kiosken und im Internet - die Testauflage ist geheim, ob es ein nächstes Heft geben wird, ebenfalls.
Die Zielgruppe hingegen ist klar: Ivy, bewusst im Neon-Look gehalten, will junge, urbane Leser fangen, die ein bisschen öko sein wollen und trotzdem total trendy. Auf dem Titel lockt Heike Makatsch als ideales Rollenmodell eines neuen grünen Glamours. "Eco-Style" nennt es Ivy, "Grün ist das neue Cool".
Doch nicht erst seit Promiökos wie George Clooney am liebsten im Elektroauto zum Privatjet surren, gilt es wachsenden Teilen der Mittelschicht als chic, ökologisch und sozial verträglich zu leben. Zumindest solange es Spaß macht. Die Lohas, wie Marktforscher diese Gruppe nennen, wollen durch Konsum die Welt verbessern - nicht indem sie weniger verbrauchen, wie es die Altökos propagierten, sondern nur besser, moralischer. "Früher hat man Dinge wie Umweltschutz aus Angst betrieben", sagt Pantelouris, "heute tut man Gutes, um sich gut zu fühlen." Umweltschutz wird zum egozentrierten Wellnessprogramm.
Da ist es konsequent, dass Politik nicht vorkommt im Heft. "Wir sind stolz auf unsere Oberflächlichkeit", sagt Michalis Pantelouris. "Es gilt als wahnsinnig politisch, über arme chinesische Fabrikarbeiter zu sinnieren, aber viel größere Auswirkungen hat doch die Entscheidung, welches T-Shirt ich kaufe - das ist Konsumentenmacht."
Bei der Ausübung ist Ivy dem Leser gern behilflich: "50 Produkte, die schön und gut sind", verspricht ein Shoppingguide. Darüber hinaus werden digitale Spiegelreflexkameras getestet - sie brauchen ja keine Chemie, ebensowenig wie die Biocremes von Seite 120. Der Landrover ist ökologisch okay, weil er jahrzehntelang hält, und der porträtierte Chef einer Outdoorkleidungsfirma darf für seine eigenen Produkte Modell stehen.
Und doch finden sich neben den Shoppingtipps auch Anregungen für das nachhaltige Alltagsleben: den Friseur mal nach Ökoshampoo fragen, Thermoskanne benutzen statt Kaffeekanne heizen, Autoreifen aufpumpen, so was. Tut alles nicht weh. Aber - das ist die Ivy-Frage - muss es das? Dem Klima ist es egal, ob man es leidend schützt oder als cooler Hund. Ivy jedenfalls empfiehlt Variante zwei.
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