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Bundesregierung: Lufthansa soll Interflug übernehmen

■ Das Bundeskartellamt bleibt jedoch bei seinen Bedenken gegen die Fusion

Bonn (dpa/ap/taz) — Die ehemalige DDR-Fluggesellschaft Interflug soll unverzüglich von der Deutschen Lufthansa übernommen werden. Darauf hat sich die Bonner Koalition am Dienstag abend verständigt. Nach Angaben des CDU-Bundestagsabgeordneten Dirk Fischer muß die Übernahme schnell in die Wege geleitet werden, weil das Luftfahrtbundesamt der Interflug wahrscheinlich zum Jahresende die Betriebsgenehmigung entziehen werde.

Verkehrsminister Friedrich Zimmermann (CSU) habe dies bei den Koalitionsverhandlungen der Parteivorsitzenden vorgetragen. Widerspruch habe es nicht gegeben. Für den Betriebsverlust der Interflug aus diesem Jahr in Höhe von 130 bis 150 Millionen DM sollen die Lufthansa als neue und die Treuhandanstalt als alte Interflug-Besitzerin eintreten. Die Interflug werde praktisch in der Lufthansa aufgehen und nicht mehr als eigenständiges Unternehmen existieren.

Allerdings hält das Bundeskartellamt an seinem Fusionskontrollverfahren fest. Das sagte gestern ein Sprecher des Amtes in Berlin. Nachdem die Lufthansa ihre ursprüngliche Anmeldung über den beabsichtigten Erwerb einer 26prozentigen Beteiligung an der Interflug zurückgezogen hatte, sei bisher keine neue Anmeldung erfolgt. Das Bundeskartellamt hat wiederholt deutlich gemacht, daß es sich nur mit einer Fusion beider deutscher Luftlinien abfinden werde, wenn alle anderen Lösungen für die Interflug scheitern sollten.

Die Lufthansa erklärte gestern, sie gehe „jetzt davon aus, daß die Treuhandanstalt in den nächsten Tagen einen Vertragsentwurf unterbreitet“. Nach einem Vorschlag der Lufthansa vom 15. Oktober soll die Interflug zunächst bewertet und der Übernahmepreis festgelegt werden. Die Lufthansa-Eigentümerin Bundesrepublik sollte den Interflug- Wert an die Lufthansa übertragen und dafür Aktien erhalten.

Damit würde der Bundesanteil an der Lufthansa von derzeit 51,62 Prozent um Aktien im Gegenwert der Interflug steigen.

Nach der Wende in der DDR hatte die Lufthansa zunächst eine 26prozentige Beteiligung an Interflug angeboten. Dies scheiterte am Veto des Bundeskartellamtes. Nach der Aufsplittung des Interflug-Geflechts gründeten Lufthansa-Töchter und Teile der früheren Interflug gemeinsame Betriebsgesellschaften, etwa für die Bodenversorgung und Charterdienste. Der Linienbetrieb der Interflug blieb selbständig und suchte bisher erfolglos nach Beteiligungen in- und ausländischer Flug-, Finanz- oder Dienstleistungsunternehmen.

Seit einigen Tagen ist überdies zweifelhaft, ob Interflug noch länger als zwei Wochen mit seinen drei Airbussen fliegen darf, da Techniker und Spezialistinnen in Erwartung besserer Gehälter und aus Angst um die Arbeitsplätze zu Hunderten zur Lufthansa und anderen westlichen Gesellschaften in Berlin überlaufen. Ein Verbot des Airbus-Betriebs bedeutet nach Einschätzung von Luftfahrtexperten das endgültige Aus für die Interflug.

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