Bundesliga aktuell: Böser Klatschlieferant bedroht Trainernerven
■ Spielertypen der 90er (Folge 5): Ohne die launische Diva wäre es häufig fade
Was wäre das Showbusiness ohne seine Diven? Nichts. Der Fußball braucht also Diven, das haben inzwischen nicht nur Fernsehschaffende, sondern auch Manager und Funktionäre geschnallt.
Nur der DFB nicht.
Die launische Diva sorgt für Schlagzeilen und für Klatsch. Meistens bösen. Bösen Klatsch liebt das Publikum. Der Profifußball ist auf die Liebe des Publikums angewiesen. Trotzdem ist die Diva auch noch heute, im Zeitalter des allgegenwärtigen Fernsehklatsches, eine richtig schwere Prüfung für Mannschaftskameraden, Trainer und Funktionäre.
Das launische Diven-Team
Prototyp der launischen Diva: Entfällt. Jede Diva ist ein Prototyp.
Trainer: Max Merkel
Tor: Uli Stein (René Higuita)
Abwehr, Mittelfeld und Angriff (Die Diva spielt bekanntlich da, wo sie Lust hat): Ronald Koeman (René Higuita), Frank Rijkaard, Mario Basler (Stefan Effenberg), Paul „The Nose“ Merson (Bernd Schuster), Diego Maradona, Hristo Stoitschkow, Paul Gascoigne, Eric Cantona, Romario, Roberto Baggio (Gheorghe Hagi)
Vor allem die Nerven des Trainers sind permanent bedroht, denn immerfort pflegt die Diva Dinge wie Trainingschwänzen, weil die Freundin vom Sonnenstudio abgeholt werden will, den Trainer einen Hanswurst nennen, ein Einzelzimmer und Sonderdauermassagen nach 23 Uhr fordern, die Fans beleidigen, Reportern Angst einjagen, die ausgestreckte Hand des Managers vor laufenden Fernsehkamaras zurückweisen, einen Kaiser einen Suppenkasper schimpfen, Jetkabinen zertrümmern, sich mit dem Trikot des Gegners seinen Arsch abwischen oder blökenden Fans den Fickfinger zeigen.
Kein Trainer oder Manager oder Präsident würde sich auch nur eines dieser Mätzchen von einem mittelmäßigen Fußballspieler gefallen lassen. Der wäre sofort weg vom Fenster. Diven aber sind Ausnahmefußballer, die kein Trainer einfach ersetzen kann. So wird jede Auswechslung einer Diva zur Machtfrage.
Und die Diva sitzt, das weiß der Trainer, am längeren Hebel. Der Trainer hat fast immer die Arschkarte. Die Machtposition des Trainers verhält sich also umgekehrt proportional zur Genialität der Diva. Topdiven wie Stoitschkow oder Maradona sind der Alptraum eines jeden Trainers.
Hat aber die Diva den Zenit ihrer Leistungsfähigkeit überschritten und will dies nicht wahrhaben, dann schreitet der Trainer zur Sache und serviert die abgetakelte Diva genüßlich ab.
Obwohl die Reporter die Diva zu ihren Kapriolen ermuntern, fürchten sie sich auch vor ihr. Die Diva beleidigt, beschimpft, bedroht und bepöbelt Reporter, wenn sie angefressen ist. Im Fernsehstudio ist die Diva meist aufgeräumt. Dennoch knistert es vor Spannung, denn Zuschauer und Reporter ahnen, daß eine falsche Frage die Diva jederzeit in Rage bringen kann.
Die Diva fährt Porsche oder Ferrari, raucht, kokst, tut überhaupt alles, was anderen Profis streng verboten ist. Der Fan verehrt die Diva nicht zuletzt auch deshalb, ragt sie doch dadurch aus der Masse der smarten Schleimer im Fußballgeschäft heraus. Man kann der Diva mangelnde Kinderstube, mangelndes Fingerspitzengefühl oder mangelnde Intelligenz bescheinigen, nicht aber mangelnde Courage.
Eigentlich kann man auch gar nicht von der Diva sprechen. Diven sind kantige Individualisten, die auch untereinander kaum Gemeinsamkeiten haben. Es gibt gute und böse, anarchistische und faschistoide, selbstbewußte und durchgeknallte, sexistische und schwule Diven. Auch lassen sich Diven schwer in einem Verein oder einer Liga oder einer Nation einpferchen. Deshalb besteht unser Diventeam nicht aus – eh seltenen – Bundesligadiven, sondern aus Diven aller Länder.
Die haben sich unter anderem durch den Mißbrauch illegaler Drogen, Tyrannengehabe oder korrekte politische Meinungsäußerungen in die Magengegend von Rassisten qualifiziert. Joachim Frisch
Nächste Folge: Der ewige Lausbub
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen