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Bürgerkrieg in SyrienPutin bleibt hart

Straßenkämpfe in Damaskus. Die bewaffnete Opposition ruft zur landesweiten Offensive und zur Befreiung der Hauptstadt auf. Moskau und Peking stellen sich weiterhin gegen Sanktionen.

Brennende Reifen als Barrikade gegen die syrischen Truppen. Bild: reuters

ISTANBUL/MOSKAU dpa | Die Straßenkämpfe zwischen bewaffneter Opposition und Regierungstruppen in Damaskus treiben immer mehr Syrer in die Flucht. Auch am Dienstag fielen wieder in mehreren Vierteln Schüsse. Regimegegner errichteten Barrikaden und bliesen zum Sturm auf die Bastion von Präsident Baschar al-Assad.

Die Zahl der Flüchtlinge in den Nachbarländern erreichte nach UN-Angaben einen neuen Höchststand. Allein in der Türkei trafen nach Angaben türkischer Medien binnen 24 Stunden 1.200 Syrer ein.

Kurz vor der wichtigen Entscheidung über die Verlängerung der UN-Beobachtermission im Weltsicherheitsrat biss der Westen in Russland auf Granit – Kremlchef Wladimir Putin kündigte vor Gesprächen mit UN-Sondervermittler Kofi Annan eine „harte Linie“ an.

Seite an Seite mit Peking stemmt sich Moskau gegen internationale Sanktionen. Die westlichen Mitglieder im Sicherheitsrat halten ein schärferes Vorgehen für unerlässlich. "Wir stehen jetzt an einer Kreuzung, einem Scheideweg", sagte Annan bei dem Treffen mit Putin in Moskau.

An der zweiten offenen Flanke in Peking bemühte sich am Dienstag UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, die Reihen im Sicherheitsrat zu schließen. Vor Gesprächen mit der chinesischen Führung rief er in einem Online-Gespräch mit Internet-Nutzern dazu auf, keine Zeit zu vergeuden: „Es gibt große Erwartungen, dass sich der UN-Sicherheitsrat einig ist und entschlossene Maßnahmen ergreift.“

Der chinesische Staats- und Regierungschef Hu Jintao empfängt Ban am Mittwoch. Das Mandat der UN-Beobachtermission läuft am Freitag aus, der Sicherheitsrat könnte am Mittwoch über eine Verlängerung entscheiden.

Panzer blockieren Straßen

Besonders kritisch war die Lage in Damaskus nach Angaben von Aktivisten im Al-Midan-Viertel, einer Protesthochburg. Dort hätten Panzer die Zufahrtsstraßen blockiert. Eine Polizeistation sei von Kämpfern besetzt worden, hieß es.

Landesweit zählte die Allgemeine Kommission für die Syrische Revolution bis zum Nachmittag 18 Tote, darunter zwei Deserteure. Die meisten Toten habe es in der Provinz Damaskus-Land gegeben.

Um den Eindruck zu erwecken, die Lage in der Hauptstadt sei unter Kontrolle, strahlte das staatliche Fernsehen mit Musik unterlegte Aufnahmen aus, die Frauen beim Einkaufen zeigen. Am Montag liefen bereits Interviews mit Bürgern auf der Straße. Doch während der Live-Reportage waren im Hintergrund ständig Schüsse zu hören.

Flucht über die Grenze

Aktivisten meldeten unterdessen, zahlreiche Familien seien nach Angriffen der Armee aus dem Al-Asali-Viertel in Damaskus geflohen. Nach Angaben der UN hat sich die Zahl der im Ausland offiziell registrierten syrischen Flüchtlinge allein seit April nahezu verdreifacht, auf inzwischen 112.000 Menschen.

Drei Viertel der Flüchtlinge seien Frauen und Kinder. Sie retten sich über die offenen Grenzen in die Türkei, nach Jordanien, in den Libanon und den Irak.

Dort werde es allerdings immer schwieriger, noch mehr Flüchtlinge zu versorgen. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) beklagte, dass zwei Wochen nach der Verabschiedung eines internationalen Hilfsprogramms für syrische Flüchtlinge im Umfang von 158 Millionen Euro erst 26 Prozent der benötigten Mittel tatsächlich zugesagt worden seien.

Diplomaten fordern Machtwechsel

Auf der Webseite „All4Syria“ wurde eine Erklärung veröffentlicht, die einer Gruppe syrischer Diplomaten zugeschrieben wird. Die Mitglieder, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben wollten, sprachen sich für einen friedlichen Machtwechsel aus und forderten das Regime auf, sein Scheitern einzugestehen.

Die sunnitische Muslimbruderschaft forderte nach einem Treffen in Istanbul in einer Erklärung ausdrücklich auch die Christen, Alawiten und Angehörige anderer Minderheiten auf, sich der Protestbewegung gegen Assad anzuschließen. „Die Schlacht unseres Volkes, die im Moment im Herzen der syrischen Hauptstadt tobt, wird bald die Festung des Tyrannen erreichen“, hieß es darin.

Ein Sprecher des Außenministeriums in Teheran sagte am Dienstag, der Iran habe Gespräche mit den syrischen Regimegegnern geführt. Zugleich bekräftigte er die Bereitschaft, in dem blutigen Konflikt zwischen beiden Seiten zu vermitteln und Friedensgespräche auszurichten. Die iranische Regierung tritt dafür ein, dass Präsident Assad an der Macht bleibt.

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4 Kommentare

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  • P
    paul

    da muss ich jörg voll zustimmen, die syrische opposition, in unseren medien oft zu freiheitskämpfern stilisiert, ist alles andere als friedlich. die tatsache, dass assad oder putin despoten sind darf davon nicht ablenken, was die alternativen wären. wenigstens der letzte der beiden kann aus erfahrung schöpfen, wenn es zu beurteilen gilt, was die "demokratisierungsbestrebungen" der westens hervorbringen: die GUS versank im zuge der demokratisierung in den 90ern in oligarchie, chaos, totaler entmächtigung des parlaments und verfassung (durch jelzin auf druck der nato, iwf und g7)sowie einer inflationsrate von ca. 1800%.

    "demokratie" ist oft eine schwere geburt, meistens jedoch eine totgeburt.

  • TT
    Tom Tom

    So wie es momentan in und um Syrien ausschaut, scheint das faktenresistente, sture und extrem unflexible Verhalten Putins und Lawrows den Sturz des ebenso faktenresistenten, sturen und extrem unflexiblen Assad-Regimes nur zu beschleinigen.

     

    Statt rational zu handeln, verlegt man sich im Moskauer Kreml offenbar auf völlig irrationale Nibelungentreue, bis hin zum Untergang des verbündeten Despotenregimes in Damaskus (bzw. nun nur noch in Teilen von Damaskus ...).

     

    Moskau scheinen auch die beeinflussbar geglaubten syrischen Generäle wegen Desertion (oder wegen dadurch bedingter Überbeanspruchung der noch bei Assad verblieben Generäle) auszugehen, die es für einen "Plan B" bräuchte, der jetzt nur noch in einem Fallenlassen Assads bestehen könnte, zwecks Rettung des bisherigen prorussischen totalitärem Systems in Syrien.

     

    Nur der inzwischen bei seinem Vater in Paris weilende desertierte syrische Brigadegeneral Manaf Tlass und sein (inner- wie außerhalb Syriens sehr mächtiger und einflussreicher sunnitischer Tlass-Clan, der bis vor wenigen Tagen noch vermeindlich fest an der Seite Assads stand), käme eventuell noch als Joker Putins und Lawrows ins Spiel, für den eigentlich längst überfälligen "Plan B"-Versuch.

     

    Ansonsten können Putin und Lawrow nur noch hoffen, dass sie aus Zypern einen vollwertigen Ersatz für das schon bald für sie verlorene Syrien werden kreieren können.

    Aber auch da sehe ich für Moskau ehrlich gesagt mittelfristig eher pechschwarz ...

  • M
    menschenfreund

    Putin MUSS hart bleiben. Andernfalls könnte bei seinen "demokratischen Maßnahmen" und deren möglichen Folgen im eigenen Land jemand auf die Idee kommen, die Armee Luxemburgs im NATO-Auftrag in Rußland intervenieren zu lassen...

    Übrigens: China scheint von derselben Angst befallen...

  • J
    jörg

    es gibt doch schon sanktionen gegen die syrische regierung,sogar ein einseitiges waffenembargo gegen die syrische regierung gibt es.was mir schleierhaft ist wie die achso friedliche opposition es schaft die 450000 mann starke armee und 150000 mann polizei so stark unter druck zu setzten ohne schwere waffen.

    solange der westen über lybien und die türkei waffen für die aufständischen bereitstellt,sollte man als halbwegs linkes medium bitte etwas mehr neutralität wallten lassen.assad ist ein verbrecher doch auch die opposition hat sich durch willkürliche hinrichtungen und plünderungen disqualifiziert.in homs wurden 2/3 aller beamten(arbeits,bau,gartenamt)als assadanhänger hingerichtet.soldaten die sich ergeben müssen für die opposition kämpfen oder werden sofort erschossen,die opposition macht keine gefangenen.

    mehrere zöllner und grenzpolizisten wurden von der türkei aus durch scharfschützen erschossen um den weg für waffentransporte freizumachen.