Brüchiger Friede im südlichen Afrika: Simbabwe hofft
Die Übergangsregierung unter Premierminister Morgan Tsvangirai amtiert seit Februar neben Präsident Robert Mugabe. Politisch bleibt die Lage im Land angespannt.
JOHANNESBURG taz | Ab und zu geben die Ausflügler im Park dem Drängeln ihrer Kinder nach und kaufen einen Plastikball oder bunte Abziehbilder "made in China" - angeboten von Simbabwern. Diese verdienen in dem Wohnviertel am See in Johannesburg jeden Sonntag mit den Billigwaren ihren Lebensunterhalt. Janet Fire teilt sich eine winzige Wohnung im heruntergekommen Teil der Innenstadt mit Ehemann und Kind und der Familie ihrer Schwester. "Rund 800 Rand mache ich in Südafrika im Monat, aber die Leute haben im Moment nicht viel Geld übrig", sagt die 34-jährige Simbabwerin. 800 Rand, das sind etwa 80 Euro. Ihr Ehemann stellt Tiere aus Perlendraht her, aber der Gewinn reicht kaum, um ihre verarmten Familien in Chitungwiza, einer Township bei Harare, zu unterstützen. "Die haben nichts, die Lebensmittel in den Regalen sind zu teuer", sagt sie.
Seit die Übergangsregierung im Februar unter Premierminister Morgan Tsvangirai (MDC) und mit Präsident Robert Mugabe amtiert, hat sie es geschafft, Simbabwes Inflation von 231 Millionen Prozent aufzuhalten. Der wertlos gewordene "Sim-Dollar" wurde abgeschafft. Jetzt werden der amerikanische Dollar und der südafrikanische Rand als offizielle Währung akzeptiert. Dadurch ist es zumindest gelungen, die noch im Vorjahr leer stehenden Lebensmittelgeschäfte mit Waren zu füllen. "Aber dort kosten zwei Liter Kochöl 38 Rand, in Südafrika aber nur die Hälfte", rechnet Janet. "Zwei Kilo Zucker für 30 Rand, wer kann sich das leisten? Wir kaufen hier ein und schicken die Lebensmittel per Bus nach Harare." So geht es Millionen von Simbabwern, die weiterhin in Südafrika ausharren, in Restaurants arbeiten, jeden Job annehmen.
Die politische Situation in ihrer Heimat habe sich seit der Machtteilung des Zanu-PF-Regimes mit der Bewegung für demokratischen Wandel (MDC) unter Tsvangirai verbessert, meint Janets Schwester Parehwa, aber nicht gefestigt: "Lehrer streiken, weil sie nichts verdienen, die Krankenhäuser haben keine Medikamente, die Menschen hungern, und viele sterben." Die für Ende nächsten Jahres erwarteten Wahlen könnten den wirklichen Wandel und den Wahlsieg für die MDC bringen. Aber noch kann sich jeden Moment alles ändern. Die Menschen misstrauen dem von den beiden politischen Parteien ausgehandelten Frieden.
Tsvangirai hat zwar die unter brutaler Gewalt stattfinden Wahlen 2008 gewonnen, aber nicht die Unterstützung des Militärs erhalten. Er übernahm die schwere Aufgabe, als Premier mit seinen Ministern die Wirtschaft neu zu orientieren und das Leben der Simbabwer in einem bankrotten Staat zu verbessern. Aber der 85-jährige Mugabe scheint noch immer nicht seinen eisernen Griff nach dem Staatsapparat und die Sicherheitskräfte zu lockern und die Marktreformen zu unterstützen. MDC-Finanzminister Tendai Biti hat wiederholt mit dem Gouverneur der Zentralbank und Mugabes Vertrautem, Gideon Gono, Zwist. Denn der bleibt trotz der verantwortungslosen Abwertung des Sim-Dollars noch im Amt. "Die Steuereinnahmen decken nicht die Grundgehälter, und Simbabwes Staatsfirmen sind eine Last für die Wirtschaft." Aber Simbabwe habe ein großes Potenzial mit einer gut ausgebildeten Bevölkerung. "Wir müssen das Land zu einem afrikanischen Tiger werden lassen", so Bitis hohe Zielsetzung auf dem Weltwirtschaftsgipfel vergangene Woche in Kapstadt.
Dort forderte Vizepremier Arthur Mutambara die westlichen Staaten auf, bestehende Sanktionen aufzuheben, damit Simbabwe neu beginnen kann. "Sie sind in diesem Moment unserer Geschichte bedeutungslos." Tsvangirai gab zu, dass die Koalition mit seinem Erzrivalen Mugabe den demokratischen Fortschritt unterwandert. Auch halte die politische Einschüchterung und Verfolgung seiner Anhänger an. Achtzehn Oppositionelle waren im Mai erneut verhaftet worden - sie hatten im Vorjahr angeblich versucht, Mugabe zu stürzen. So glaubt Sekai Holland, MDC-Ministerin für Versöhnung und Integration, dass es zu einer neuen Gewaltwelle während der Wahlen in 18 Monaten kommen könnte. Angeblich erhalten sie und andere MDC-Mitglieder und Minister Drohanrufe. "Niemand fühlt sich in Simbabwe sicher - niemand", sagte Holland vor wenigen Tagen der BBC.
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