■ KRIEG IN SARAJEVO: Bosnier rufen nach Rache für Massaker
Sarajevo/Belgrad (taz) — Nach dem Massaker auf den Straßen Sarajevos fordern immer mehr Einwohner Bosniens Vergeltung gegenüber Serbien. Militante muslimische Milizführer wollen „in Kamikaze-Aktionen den Krieg auf Belgrads Straßen tragen“. Bei dem vermutlich von serbischen Freischärlern ausgeführten Mörserangriff auf eine Menschenmenge, die in der Fußgängerzone Sarajevos nach Brot anstand, kamen mindestens 16 Menschen ums Leben. Mehr als 112 wurden verletzt. Der bosnische Präsident Alija Izetbegović kündigte an, jeglichen Dialog, jedes Friedensgespräch, jede Vermittlung der EG und der UNO von nun an abzulehnen. Serbische Militärs reagierten mit Sarkasmus. Sie behaupteten, die Muslime hätten selbst eine Mine gelegt, um den Serben die Schuld in die Schuhe zu schieben. In Belgrad hatten noch am Mittwoch abend Hunderte von Menschen die Toten von Sarajevo betrauert. Nur wenige Meter weiter hielt einer der Kriegstreiber, Vojislav Seselj, eine Wahlrede. Wenn am Sonntag das neue Parlament der „Bundesrepublik Jugoslawien“ gewählt wird, rechnet er mit vielen Stimmen, weil sich die vereinigte Opposition entschlossen hat, die Wahlen zu boykottieren. Vuk Drasković, ihr nationalistischer Anführer, gegenüber der taz: „Es stehen sowieso nur verschiedene kommunistische Parteien und eine faschistische, die Partei von Seselj, zur Auswahl.“ SEITEN 3 UND 10
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