■ Bonner Millionen für U 5: Tunnel-Köder
Auch wenn die Staatssäckel leer sind, für Prestigeobjekte der Regierung ist allemal Geld vorhanden – auch wenn nur für leere Vorhalteröhren unter der Erde. Die Ankündigung der Bundesregierung, für den umstrittenen Ausbau der U-Bahnlinie 5 zum künftigen Regierungsviertel im Spreebogen rund 70 Millionen Mark vorzuschießen, konterkariert die ständig herausposaunte Politik des Sparens. Während beim sozialen Wohnungsbau, den öffentlichen Diensten oder an den Universitäten der Notstand praktiziert wird, greift man beim Bund für satte Großprojekte gern noch immer in die vollen.
Die Millionen-Absicht ist klar: Mit der Geldspritze sollen die Hauptstädter in Zugzwang gebracht werden. Für den Ausbau der U5 vom Alexanderplatz über den Reichstag zum Lehrter Zentralbahnhof wollen die Bonner Verkehrsplaner zwar den Löwenanteil finanzieren. Der gepumpte Rest soll dem Senat das Projekt, das längst dem Berliner Sparrotstift zum Opfer gefallen ist, wieder schmackhaft machen. Doch in der Stadt darf niemand so blauäugig sein, einen weiteren Schuldschein zu unterschreiben. Ungedeckte Wechsel gibt es hier bereits zur Genüge.
Der Vorschuß für das U-Bahn-Teilstück unter dem Spreebogen zeigt darüber hinaus ein anderes Mal, daß der Bund sich die Hauptstadt nur als Luxusnest vorstellen will. Zu einem schicken Reichstag, neuen Büros und Wohnungen mit Südseite gehört eben die U-Bahn, die bis unter den Parlamentssitz fährt. Gehen möchte keiner mehr, schon gar nicht durch Baugruben im Jahr 2010, wenn vielleicht wieder Geld für die Trasse vorhanden ist. Rolf Lautenschläger
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