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■ Bonn-apartAngriff auf Rühe

Bonn (taz) – Besonders viele Freunde hatte Volker Rühe wohl nie. Seit er Verteidigungsminister ist, wächst die Zahl seiner Feinde fast genauso rasch, wie die Zahl seiner Soldaten sinkt. Zur Zeit hält Rühe seinen Bauch in die Sonne von Mallorca, und seine Gegner machen in Bonn mobil. In ihrem Hauptquartier – es heißt offiziell Verteidigungsministerium – dreht vor allem Generalinspekteur Klaus Naumann kräftig auf. Naumann hat wohl immer noch nicht verziehen, daß der Minister ihm sein Lieblingsspielzeug, das Aufklärungsflugzeug Lapas, weggenommen hat.

Eben erst war er von Abgeordneten aller Parteien vor zuviel Einmischung in die Politik gewarnt worden, nun schoß Naumann erneut quer: Deutschland drohe seinen Einfluß in der Nato zu verspielen, wenn es bei der „Selbstblockade“ in Sachen „Out-of-area- Einsätzen“ bleibe. Künftig werde der Einsatz der Bundeswehr „nicht mehr Ausnahme, er wird fast zur Regel“, prophezeite er den Soldaten, denen Rühe doch stets ein langsames Ranrobben an die Front versprochen hatte.

Schon am Tag darauf mußte sich Naumann selbst an seine Pflichten erinnern lassen. Nach dem Blankeneser Erlaß von 1970 hat der Generalinspekteur „militärischer Berater des Ministers und der Bundesregierung zu sein“ und ansonsten seinen Mund zu halten. Rühe, der Naumann nicht das erste Mal zur Ordnung rufen mußte, forderte noch am Mittwoch von Mallorca aus einen „vollständigen Situationsbericht“, ihm vorzulegen bis 18 Uhr.

Die CDU in Bonn warf sich schützend vor den Generalinspekteur. Es blieb FDP und SPD überlassen, Naumann ein Nachspiel anzudrohen. Geht doch der politisierende General streng selektiv vor. Ein Widerwort zur Industrie, die dieser Tage in aller Offenheit Rühes Haßobjekt Jäger 90 hochleben ließ, gab es von Naumann nicht: Gute Feinde stehen zusammen! Hans-Martin Tillack

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