■ Bonn-apart: 50 aus 239
Bonn (taz) – Von wegen Dichter und Denker. Die Deutschen sind ein Volk von Rätslern und Wettbegeisterten: Sechs aus 49, Spiel 77, Super 6 und 11er Wette heißen ihre Lieblingskinder, Mittwoch und Samstag sind die Einsatztage. Seit kurzem kann die Wettnation einem weiteren Zahlenvergnügen frönen. 50 aus 239 heißt das neue Glücksspiel.
Ziehung A erfolgt bereits am nächsten Dienstag, dem 25. Mai. Dann nämlich stimmt die SPD intern in ihrer Fraktionssitzung über den Asylkompromiß ab. Gesucht werden dabei 50 der 239 sozialdemokratischen Abgeordneten, die mit ihrem „Ja“ zur Asylrechtsänderung der Koalition zur erforderlichen Zweidrittelmehrheit verhelfen.
Schon seit Tagen wird wild mit Zahlen jongliert. „Mit einer knappen Mehrheit“ rechnet Buchmacher Hans-Ulrich Klose, wobei 20 bis 25 aller Bundestags- SPDler, so wird gewettet, ihr Votum von Zugeständnissen der Regierung in Sachen Drittstaatenregelung abhängig machen könnten. Die Spannung steigt, und schon mischt Karin Ludwig- Tietze die Glaskugeln!
Doch da kommt neues Zahlenmaterial! Die Bonner Pax- Christi-Gruppe lieferte gestern nämlich frische Hochrechnungen. Bei einer Befragung der SPD-Abgeordneten will sie ermittelt haben, daß „eventuell am kommenden Dienstag doch keine Fraktionsmehrheit für den Asylkompromiß zustande kommt“.
Aha! 145 der 239 Abgeordneten haben geantwortet, 25 davon mit klarer Zustimmung zum Asylkompromiß, 62 mit klarer Ablehnung. Zählte man zu den letzteren die öffentlich bekannten Gegner sowie die „eher Ablehnenden“ dazu, käme man bereits auf 104 Neinstimmen. Taschenrechner! Mehrheit für oder gegen? Und wo bleiben die 50 aus 239?
Aber diese werden erst in der Ziehung B am Mittwoch, dem 26.Mai, im Bundestag festgestellt. Dann wird Lottofee Rita Süssmuth ermitteln, wer aus der SPD-Fraktion die Asylspielchen der Koalition mitgemacht hat. Es werden noch Wetten angenommen. Myriam Schönecker
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