: Böhrnsen könnte selbst was tun
Betr.: „So war es nicht gemeint“, taz bremen vom 10.5.2004
Wenn der Vorsitzende der stärksten Bürgerschaftsfraktion die Politik des Senats „scharf kritisiert“, dann schlägt das Heuchel-O-Meter voll aus. Herr Böhrnsen meint, die schäbige und unsoziale Politik des – übrigens maßgeblich SPD geführten – Senats treffe die Falschen, nämlich Flüchtlinge, die nicht ausreisen können und trotzdem in Deutschland nur geduldet werden. Da hat er Recht. Mit dem Rechtsstaat und der Menschenwürde nimmt er es aber auch nicht so genau. Denn er glaubt, in Asylsuchenden mit langen Verfahren die richtigen Opfer für Diskriminierung gefunden zu haben. Dabei können Flüchtlinge ihr Verfahren gar nicht „verschleppen“. Sie können lediglich die verbliebenen Rechtsmittel in Anspruch nehmen. Will Herr Böhrnsen dagegen Sanktionen?
Das Asylverfahren wurde (mit Hilfe der SPD) bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, und Flüchtlinge haben es bitter nötig, ihre wenigen Rechte auszuschöpfen. Leider können sie das in den meisten Fällen mangels Informationen und Geld für einen Anwalt nicht. Das führt ja gerade dazu, dass viele Menschen zwar nicht zurück können, aber trotzdem hier keine Anerkennung als Flüchtlinge bekommen. Lange Verfahren kommen im Übrigen meist dann zustande, wenn das zuständige Bundesamt aus Angst, es könnten womöglich für Krisenregionen Asylgründe vorliegen, einen Entscheidungsstopp verhängt. „Verdient“ haben eine Kürzung sozialer Leistungen unter einen menschenwürdigen Standard weder Flüchtlinge [...] noch irgendwelche anderen Menschen. Die Demontage des Sozialstaats ist ganz sicher „schäbig und schädlich“. Ebenso sicher könnte der Vorsitzende der SPD-Bürgerschaftsfraktion etwas dagegen tun. Aber ich fürchte, er tut nur so.
HOLGER DIECKMANN, Flüchtlingsinitiative Bremen e.V.