Boehringer in Hannover : Keine Kirchturm-Politik
Ob Kohlekraftwerke oder Starkstromtrassen: Wenn Bürger gegen Großprojekte auf die Zinne gehen, kommt häufig das Totschlagargument: typisch „Nimby“ – kurz für „not in my backyard“, zu deutsch: „nicht in meinem Hinterhof“. Was, so wird dann rasch gefragt, sind schon die Ängste der Betroffenen gegen Millioneninvestitionen und neue Jobs?
KOMMENTAR VON KAI SCHÖNEBERG
Gerade Politikern sollten die Ängste ihrer Wähler aber viel bedeuten – sonst berauben sie sich ihrer Legitimationsgrundlage. So ging Ministerpräsident Ernst Albrecht, als er in den 70er-Jahren in Gorleben ein nationales Atom-Entsorgungszentrum plante.
Um Bürgerängste geht es heute auch bei der umstrittenen Tierversuchsanstalt, die der Pharmariese Boehringer ganze 400 Meter entfernt von Wohnhäusern im hannoverschen Stadtteil Kirchrode hochziehen will. Stadt und Unternehmen haben bis heute den Nachweis vermissen lassen, dass die Anlage mit den rund 1.000 Schweinen zu 100 Prozent sicher ist.
An anderer Stelle ist das auch schon misslungen: In Tübingen scheiterte Boehringer nach langer Geheimniskrämerei mit dem selben Plan. Auch das Bundesforschungszentrum für Tierkrankheiten liegt auf der völlig abgeschiedenen Ostseehalbinsel Riems. Bei einem ähnlichen Standort dürfte der Konzern auf weniger Bedenken stoßen.