■ Bischof Dybas Attacken auf den Rechtsstaat: James Bond unter der Mitra
Der Bischof ist von allen guten Geistern verlassen. Er predigt wider die staatliche Ordnung und hält seine Untergebenen dazu an, den Gesetzen den Gehorsam zu verweigern. Doch wenn nicht des Heiligen, wessen Geistes Kind sind dann die Attacken, die Johannes Dyba gegen die Abtreibungsregelung reitet? Was läßt den Kirchenmann so verbissen gegen die „Lizenz zum Töten“ anrennen? Johannes Dyba – ein James Bond unter der Mitra?
Der Bischof kämpft ums ungeborene Leben, das geborene ist ihm deshalb nicht unbedingt angenehm. Demonstranten gegen seine Aids-Politik nennt er verächtlich „drei Dutzend hergelaufene Schwule“. Keine Angst, den Ort, wohin solch unbedachtes Denunzieren schon einmal geführt hat, hat Dyba bereits für seine Lieblingsopfer reserviert. „Kinderholocaust“, vulgo Schwangerschaftsabbruch, so macht man den Schrecken zum Skandal, solchermaßen erweist sich Dyba als der erste Rechte, der es versteht, die „Auschwitzkeule“ in eigener Sache zu schwingen. Dieser Rechte mokiert sich, daß Linke „vor jedem Tümpel mit Froschlaich eine Mahnwache“ aufstellen, nur „Menschenkinder dürften so ohne weiteres im Mutterleib geschlachtet werden“. Von solchen Brandpredigten ist es bis zur Reklamation eines übergesetzlichen Notwehr-Tatbestandes für Antiabtreibungsterroristen kein großer Schritt.
Dyba ist ein Extremist der Mitte, der von den Linken gelernt hat, welch hohes Maß an öffentlicher Aufmerksamkeit ein gezielter Regelverstoß garantiert. Darin steht ihm die bayrische Landesregierung in nichts nach. Das progressive Moment liegt im Gesetzesbruch, formulierte Ulrike Meinhof nach dem Brüsseler Kaufhausbrand. Das progressive Moment liegt im Verfassungsbruch, echot Stoiber und hebelt mit seinem Kruzifix-Gesetz das Karlsruher Urteil aus. Das progressive Moment liegt in der Beratungsverweigerung, sekundiert der Bischof und unterläuft damit die Vorgaben des Gesetzgebers. Was gibt die vielbeschworene christlich-abendländische Rechtskultur noch her, um sich gegen die Attacken ihrer selbsternannten Verteidiger zu verteidigen? Ein Blick in des Bischofs Bettlektüre liefert Antwort. Kann doch Dyba zu seinem Treiben in der Bibel lesen: „Verflucht, wer das Recht verdreht.“ Selbst für einen Gottlosen Anlaß genug, ausnahmsweise auf des Herrn Wort zu bauen und auf dessen läuternde Wirkung zu hoffen. Dieter Rulff
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen