Bilanz des 1. Mai in Berlin: Mehr Gewalt als in den Vorjahren
Die Ausschreitungen in Berlin am 1. Mai waren laut dem Berliner Innensenator ausschließlich "Randale" - und keine sozialen Unruhen.
Polizeipräsident Dieter Glietsch zieht eine ernüchternde Bilanz des 1. Mai: "Die Zahl der Gewalttäter war in diesem Jahr höher, die Gewalttaten begannen früher, und die Angriffe gegen Polizeibeamte waren heftiger als im Vorjahr." Auch Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sieht einen "Rückschlag". Die Krawalle hätten "eine andere Qualität als in den Vorjahren" gehabt. Mit sozialen Unruhen etwa wegen der Wirtschaftskrise habe das aber nichts zu tun. "Die Randale stand im Vordergrund."
In diesem Jahr waren bereits kurz nach Beginn der 18-Uhr-Demonstration die ersten Steine aus dem Schwarzen Block auf Polizisten geflogen. Autonome griffen einen Verkehrspolizisten in seinem Auto an und zertrümmerten Autoscheiben mit einem Baseballschläger. Beamte der Bundespolizei griffen sich später Demonstrationsteilnehmer, die sich nicht an das Vermummungsverbot hielten - in den Vorjahren war das noch weitgehend toleriert worden.
Nach dem Ende der Demonstration lieferten sich mehrere hundert Autonome am Kottbusser Tor eine Straßenschlacht mit der Polizei. Dieser gelang es schließlich, sich mit kleinen Trupps über das gesamte Gelände zu verteilen. Die Polizisten nahmen gezielt einzelne Personen fest, die ihrer Ansicht nach mit Steinen geworfen hatten. Dabei gingen sie nach Meinung des innenpolitischen Sprechers der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Björn Jotzo, allerdings "nicht so überlegt und verhältnismäßig" vor wie in den Vorjahren. Der Anmelder der Demonstration, der Linkspartei-Politiker Kirill Jermak, beklagt, dass es "keinerlei Kommunikation zwischen der Polizei und mir als Veranstalter" gegeben habe (siehe Interviews Seite 22). Nach Angaben des 18-Uhr-Bündnisses wurden mindestens 136 Demonstranten verletzt, mehr als 50 von ihnen mussten im Krankenhaus behandelt werden.
Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux, warnte am Sonntag vor einer Dramatisierung. Angesichts der Tatsache, dass diesmal mehr Menschen auf der Straße waren, dass es wärmer war und dass es viel angestaute Wut wegen der Wirtschaftskrise und der Rettungspakete für Banken gibt, sei der 1. Mai verhältnismäßig glimpflich abgelaufen. SEBASTIAN HEISER
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