piwik no script img

Bhutto erneut unter ArrestKurzer Prozess mit langem Marsch

Indem Musharraf Bhutto festsetzt, nimmt er nimmt so ihrem Protestmarsch die Spitze. Erstmals fordert Bhutto Musharrafs Rücktritt als Präsident und erwägt Wahlboykott.

Die Polizei nahm zahlreiche Unterstützer von Bhutto fest. Bild: dpa

In der pakistanischen Stadt Lahore hat sich am Dienstagmorgen der geplante Autokorso in Richtung Islamabad in Bewegung gesetzt, doch ohne seine politische Lenkerin. Oppositionspolitikerin Benazir Bhutto war am Vorabend von einem Großaufgebot zum zweiten Mal in fünf Tagen unter Hausarrest gestellt worden. "Ihr Haus ist nun offiziell ein Gefängnis" erklärte ein Polizeioffizier, nachdem die Zufahrtsstraßen mit Containern und Stacheldraht versperrt worden waren. Rund hundert Anhänger, die dennoch zu ihr vordringen wollten, wurden festgenommen.

In Islamabad hatte die Regierung kurz zuvor erklärt: "Es wird keinen langen Marsch geben." Der von Bhutto selbst so genannte Autokonvoi setze seine Fahrt auch ohne sie fort, erklärte ein Anhänger ihrer Volkspartei PPP. Sie würden aber von der Polizei immer wieder belästigt. Mehrere Teilnehmer seien verhaftet worden.

Damit spitzt sich die Konfrontation zwischen Militärmachthaber Pervez Musharraf und der Opposition weiter zu. Nur Stunden nach der Inhaftierung forderte Bhutto in Interviews erstmals den Rücktritt Musharrafs: "Es ist Zeit für ihn zu gehen." Die Zeit der Verhandlungen sei vorbei, sie werde nie als Regierungschefin unter ihm dienen. Musharraf habe dem Land Demokratie bringen wollen, geliefert habe er zweimal das Kriegsrecht. Bisher hatte Bhutto von Musharraf stets nur den Rücktritt als Armeechef gefordert.

Bhutto will jetzt versuchen, die Oppositionsparteien in einer "Koalition der Interessen" zu einigen, erklärte sie. Zunächst gehe es um eine gemeinsame Haltung gegenüber der Parlamentswahl. Bhutto hat wie die islamistische Jamaat Islami angedeutet, dass ihre PPP die Wahlen boykottieren könnte, falls diese unter dem Ausnahmerecht stattfinden sollten. Bisher ist sich die Opposition nicht einig.

Selbst die politisch aktiven Anwaltsverbände waren zu Bhutto auf Distanz gegangen, als sie mit Musharraf eine Machtteilung aushandelte. Es wird für die 54-Jährige nicht leicht, dieses Stigma zu löschen. Dies mag auch ein Grund sein, warum sie bisher keine breite Protestwelle gegen das Regime auslösen konnte.

Musharraf hatte am Sonntag erklärt, der Ausnahmezustand sei nötig, um "faire und absolut transparente Wahlen" sicherzustellen. Gleichzeitig machte er keine Anstalten, es zu lockern - im Gegenteil. Das Militärstrafrecht wurde verschärft. Es ermöglicht jetzt Militärtribunalen, über Zivilpersonen zu urteilen - zusätzliches Indiz, dass de facto Kriegsrecht herrscht.

Auch die negativen Reaktionen von Pakistans Bündnispartnern nehmen an Schärfe zu. Das Commonwealth drohte Pakistans Mitgliedschaft zu suspendieren, falls das Notrecht nicht bis 22.November aufgehoben und das Oberste Gericht wieder eingesetzt wird. Auch US-Präsident George W. Bush liess nach einer eher konzilianten Äusserung am Vortag verlauten, die USA hielten eine rasche Rückkehr zur Demokratie für unumgänglich. Laut US-Medien machen sich die USA immer mehr Sorgen, dass fortdauernde Instabilität die Sicherheit der pakistanische Atomwaffen gefährden könnte. Es wird befürchtet, dass Funktionäre im atomaren Establishment mit Islamisten sympathisieren und Geheimcodes weitergeben könnten.

Am Montag hat Pakistans Armee ihre langerwartete Offensive gegen die Taliban-Milizen des Predigers Maulana Fazlullah in der Nordwestregion Swat begonnen. Armeehubschrauber wurden mit Flugabwehrkanonen beschossen, die Fazlullahs Kämpfer erst kürzlich erbeutet hatten. Ein Sprecher Fazlullahs erklärte, sie würden sich nur ergeben, wenn die Regierung in Swat die Sharia einführt. Fazlullah Kämpfer werden auf 4.000 Mann geschätzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!