Betreuung: Kinder wieder günstiger
Ohne Schulreform spart Hamburg viel Geld. Warum die Kita-Gebühren dennoch angehoben werden, fragen Kritiker. Schwarz-Grün diskutiert Abschaffung der Erhöhung.
Die bereits beschlossene Erhöhung der Kita-Gebühren könnte womöglich doch noch gekippt werden. Einem Bericht des Hamburger Abendblatts zufolge stehe Noch-Innensenator und Bürgermeister-Kandidat Christoph Ahlhaus (CDU) diesem Schritt offen gegenüber.
Hintergrund sind Proteste von Eltern gegen die Aufstockung der Gebühren um bis zu 100 Euro. Dadurch soll der Etat in den kommenden zwei Jahren um rund 18 Millionen Euro entlastet werden. Im Juni hatten die Initiatoren einer Volkspetition der Bürgerschaft rund 42.000 Unterschriften gegen die erhöhten Beiträge vorgelegt. Sie fordern eine solidarische Finanzierung der frühkindlichen Bildung. So seien bezahlbare Kitas der Schlüssel zur gleichberechtigten Teilhabe beider Eltern am Erwerbsleben, heißt es in der Petition.
Ginge es nach Schwarz-Grün, könnte den aufgebrachten Eltern nun Recht gegeben werden. Der CDU-Abgeordnete Heiko Hecht bezeichnete die seit Mai geltende Aufstockung sogar schon als "Erhöhungsszenario", bei dem nachgesteuert werde müsse. Auch Harburgs CDU-Kreischef Ralf-Dieter Fischer fordert die Abschaffung der Gebührenerhöhung: "Wir können es uns nicht leisten, schon gar nicht in sozialen Brennpunkten, dass Familien aus Kostengründen ihre Kinder nicht in die Kita bringen."
Nach dem gescheiterten Schulreform-Plebiszit ist für GAL-Fraktionschef Jens Kerstan die Erhöhung der Kita-Gebühren obsolet. "Die Bürger haben entschieden, dass wir weniger Geld in die Bildung investieren sollen", sagte er dem Abendblatt. Deshalb würden die geplanten 18 Millionen Euro für zusätzliche Lehrer in den Klassen fünf und sechs "jetzt halt nicht ausgegeben", so Kerstan.
Unterstützung bekommen die Kritiker einer Gebührenerhöhung von der Diakonie Hamburg. Die Anhebung belaste auch die unteren und mittleren Einkommensbezieher, sagte Diakonie-Sprecher Steffen Becker am Mittwoch. Deshalb ergäbe es Sinn, einen Teil der für die Schulreform vorgesehenen Mittel in die frühkindliche Bildung zu investieren. Und der alternative Wohlfahrtsverband Soal erkennt in der "Diskussion um die frei werdenden Primarschulmillionen" gar eine Desorientierung des Senats.
Dieser müsse nun klären, "ob und in welcher Weise die Haushaltskürzungen im Sozialbereich bestehen bleiben oder zurückgenommen werden müssen", teilte der Träger mit. Diskutabel sei neben der Gebührenerhöhung auch die Verschiebung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz ab zwei Jahren.
Die Sozialbehörde mischt sich indes nicht in die hitzige Debatte um die Gebührenerhöhung ein. "Wir äußern uns grundsätzlich nicht zu derartigen Spekulationen", sagte eine Sprecherin am Mittwoch der taz. Es ist erst wenige Tage her, dass sich Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) bemühen musste, die Kritiker der Kita-Gebührenerhöhung zu beruhigen. Von den rund 70.000 Kindern in Kindertagesbetreuung seien zwar fast alle von der so genannten Anpassung des Essensgeldes betroffen, aber nur knapp 29 Prozent von den gestiegenen Elternbeiträgen, so die Sozialbehörde.
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