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Betr.: Werbeanzeige des Buches "Muß dieses Kind am leben bleiben?" von Peter Singer und Helga Kuhse, taz vom 4.9.93

[...] Aus dem Nationalsozialimus ist gelernt worden: Gesetze gehen nur noch so weit über den öffentlich geschaffenen Konsens hinaus, daß Widerstand als Querulantentum abgetan werden kann.

Die Zeitpläne zur Realisierung des „Euthanasie“-projektes sind den technologischen Möglichkeiten und Entwicklungen angepaßt. Dazu gehört auch die Gleichschaltung von ethisch-moralischen Vorstellungen mit dem technisch (fast schon) Machbaren. Ziel ist es, die bestehende Form des Tötungstabus aufzuheben.

Seht Ihr denn nicht, welche Weichen bereits gestellt sind? Auf der einen Seite haben wir seit 10 Jahren eine immer lückenlosere Überwachung schwangerer Frauen, die oft ungefragt, zumindest aber durch moralische In-die- Pflicht-Nahme sämtliche Testinstanzen durchlaufen müssen - 80% gelten bereits als Risikoschwangere und werden zu Patientinnen, die vom Zustand „Guter Hoffnung“ weit entfernt sind. Auf der anderen Seite die Karlsruher Urteilssprechung, mit rechtswidrigen (im Falle eines „normalen“ Fötus) und rechtmäßigen (wenn eine „Abweichung“ diagnostiziert wurde) Schwangerschaftsabbrüchen. Frauen müssen sich bereits rechtsfertigen, wenn sie pränatale Untersuchungen ablehnen oder sich bewußt für ein behindertes Kind entscheiden — wie lang dauert es wohl noch, bis sie um ihr geborenes, behindertes oder anders auffälliges Kind kämpfen müssen? [...] Peter Zamory, Sonja Deuter, Grüne/GAL Fraktion

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