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Archiv-Artikel

Betonklotz mit Glasfassade

betr.: „Graue Riesen zu verkaufen“, taz vom 13. 8.

Es ist sicher sinnvoll, wenn alte Luftschutzbunker zivil genutzt werden. Problematisch wird es, wenn der Bunker als Fundament für großvolumige Aufbauten genutzt wird, wie dies in der Roonstraße geplant ist. Zurzeit stellt das dortige Bunker-Areal ein biosoziales Ökotop dar: Die massige Betonfassade verschwindet weitgehend unter einer dicken Efeuschicht, die hängenden Gärten der Semiramis auf bremisch sozusagen, in den seitlichen Lüftungsöffnungen brüten Vögel und vor dem Bunker haben Anwohner einen Spielplatz mit Kletterwand und Basketballkorb eingerichtet.

Nach den Plänen des Architektenbüros Mielke + Freudenberg sollen nun nicht nur Fensteröffnungen in den Beton geschnitten werden, sondern der Bunker soll um zwei Geschosse aufgestockt werden, die teilweise meterweit über die Häuserflucht vorragen. Durch diese Aufbauten wird die Wohnfläche auf über 1.000 Quadratmeter verdoppelt. Die geplanten sieben Eigentumswohnungen werden für bis zu 2.650 Euro pro Quadratmeter angeboten, bei einer 220 Quadratmeter-Wohnung kommen dann schon mal 583.000 Euro zusammen.

Um den hohen Preis akzeptabel erscheinen zu lassen, wird die Roonstraße im Werbeprospekt kurzerhand aus der Östlichen Vorstadt weg nach Schwachhausen verlegt. Eine Dachtraufe mit anschließender Dachschräge wie bei den anderen Häusern in der Straße ist nicht vorgesehen, vielmehr ragen die kastenartigen Aufbauten teilweise bis zu 6 Meter senkrecht in den Himmel, bis auf Firsthöhe. Zur Straße hin sind diese Kästen großenteils mit Glasfronten versehen, so dass die Anmutung von überdimensionalen Aquarien entsteht. Aufzug und Treppenhaus werden nicht in den Bunker integriert, sondern als turmartiges Gebilde davor gesetzt, den Straßenraum verengend. In der Roonstraße mit seiner kleinteiligen Bebauung durch Bremer Häuser wirkt der Entwurf schlicht unmaßstäblich. Walter Ruffler