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Besuch im Discount-BordellBillig willich

In Hamburg gibt es seit 2004 das erste Discountbordell. Das Konzept ist so erfolgreich, dass die Betreiber jetzt Lizenzen für Franchise-Unternehmen anbieten.

Im Geizhaus gibt es preiswerten Sex. Dafür sucht man rote Lampen, Plüsch und Schnickschnack vergeblich. Bild: dpa

Zwischen den anderen Mehrfamilienhäusern aus rotem Backstein fällt das kleine weiße Haus im Hamburger Stadtteil Wandsbek nicht besonders auf. Dass hier keine Familie wohnt, ahnt man erst, wenn man die zwei Plastikpalmen vor dem Eingang und den grellgrünen Logos, die vor jedem Fenster leuchten, sieht. Darauf: ein Geier und der Schriftzug "Geizhaus - Geiz macht geil."

PLEITEGEIER

Das Discountbordell "Geizhaus" wirbt um seine Kunden übers Internet. Mit grünem Layout, gelber Schrift und dem Comic-Geier wirkt die Homepage eher so, als könnte man hier besonders billig Fertigmöbel oder sonstigen Profankram kaufen. Doch bei genauerer Betrachtung erkennt man, dass die Ware hier nicht die Bürostühle, sondern die darauf sitzenden Frauen sind. Unter der Rubrik "Geizhaus Girls" gibts die nötigen Produktdetails wie BH-Größe, Gewicht und die angebotenen Dienstleistungen. Dazu noch ein Bild von den Frauen: nackt oder in Unter- oder Reizwäsche. Dauerhafte Fleischbeschauung mal mit, mal ohne gepixeltes Gesicht. Außerdem der Hinweis "Das Geizhaus ist immer noch ein Bordell, deswegen erwarten wir, dass sich die Gäste umgehend für eine Dame entscheiden." Es gilt also auch für die Freier: Akkordarbeit.

Das Geizhaus nennt sich Discountbordell. Also ein Puff nach dem Aldi-Prinzip: keine aufwändige Einrichtung, keine ausgesuchte Präsentation, sondern ganz einfach nur Körper. Hauptsache billig. Ohne rote Lampen, Plüsch, Schnickschnack oder Glamour. Der Preis klingt auch schwer nach Supermarkt: "Eine halbe Stunde kuscheln, schmusen und Verkehr in unterschiedlichen Stellungen für 38,50 Euro." Zeit ist Geld, das scheint das Motto des Hauses. Woanders zahlt man nach Leistung, hier pro halbe Stunde.

Merksprüche wie im Büro

12.57 Uhr. Es klingelt. Ein Mann steht vor der Tür. Drei Minuten zu früh, eigentlich öffnet das Bordell erst um eins. Der Mann trägt einen beigen Pulli, eine Jacke im gleichen Farbton und braune Lederschuhe - ein durschnittlicher Typ. "Hallo, grüß dich!", sagt Anke und begleitet ihn in den Barraum. Er setzt sich auf einen mit Satin bezogenen Barhocker an die Theke. Hier steht ein Schild mit der Aufschrift: "Freundlichkeit ist ein Bumerang". Darunter: "Sie kommt immer zurück". "Das ist unser Leitspruch", sagt Anke stolz und holt den Geizdollar hervor. Ein gelber Plastikchip, ähnlich wie das Ersatzgeld bei Club Med.

Über Anke hängt ein Schild: "Die Geschäftsleitung weist darauf hin, dass sich die Gäste im Geizhaus zu benehmen haben." Freundlich fragt sie den Gast: "Hast du einen bestimmten Wunsch?" - "Nee", antwortet er, "erst mal gucken!"

Seit 2004 leiten die Barfrauen Gaby, Doris und Anke das Bordell. Über acht Jahre arbeiteten sie vorher im Hamburger Milieu und wollen zeigen, dass es auch anders geht: "Mit unserem Konzept wollen wir beweisen, dass billig nicht gleich schlecht ist." Die Geizkultur ist weit verbreitet. Die Leute zahlen immer weniger. Auch für Sex. So entstand die Idee für das Geizhaus.

Nebenan im Aufenthaltsraum sitzen sieben Damen. Mary trägt gerade roten Lippenstift auf, kämmt die fransigen Haare zurück und sprüht sie mit Haarspray ein. Dabei hüpfen ihre Brüste aus dem eng anliegenden schwarzen Kleid. Jetzt leuchtet eine Digitalanzeige mit drei roten Zahlen auf: 000. Schnell stolzieren alle sieben Damen nacheinander in den Barraum. Sie stellen sich mit Pseudonym und Spitznamen vor: "Hi, Schneewittchen" sagt Jenny. "Mary - Lauschhörnchen", sagt Mary. Zurück im Aufenthaltsraum wird der Gast kommentiert. "Der riecht ja schon nach Tod!", sagt Jenny. 12.58 Uhr. Die Anzeige leuchtet wieder auf: 001. Jennys Nummer. Sie schnappt sich ein hellrosa Handtuch. In Leopardenstiefeln, knappem schwarzem Top und Tanga verlässt sie den Raum. Alle anderen setzen sich auf die rote Samtsitzbank. Einige hüllen sich in rosa Frotteemäntel, andere in rote Fleecedecken.

13.01 Uhr. Es klingelt. 000. 008 ist dran. 13.06 Uhr. 015. Das Zeichen für Chantal. Diesmal ohne Parade. 13.12 Uhr. 000. "Der Sack lässt uns schon wieder alle laufen!" 025. Mary. Jenny kommt zurück. Sie setzt sich auf die rote Sitzbank. An den Wänden hängt der Plan für das Vierschichtsystem: zwei Tag- und zwei Nachtschichten. Eine Schicht dauert fünf Stunden. Die Damen gucken Fernsehen und unterhalten sich. "Manche riechen so ekelhaft nach altem Schlüpfer", sagt Mary, "da hilfts auch nichts, wenn man sich dreimal schrubbt." - "Aber normalerweise reicht eine kleine Muschiwäsche zwischendurch", fügt Jenny hinzu. "Brauche ich für die Genossenschaft eine Schufa-Bescheinigung?", fragt Mary. "Nein, Kuschi", antwortet Jenny, "nur die Arbeitspapiere."

13.20 Uhr 000. 001. Jenny geht wieder in eines der Zimmer. Ein Bett mit grünem Spannbettlacken, Küchenrolle, Spiegel und kleiner Nachttischlampe. "Die Mädchen nehmen das Zimmer, das gerade frei ist", erklärt Anke, "Sie müssen nur darauf achten, dass die Betten sauber sind." 13.40 Uhr. 015. 13.55 Uhr. 000. 001. "Rein raus, rein raus! Das ist mir lieber, als die ganze Zeit zu warten", sagt Jenny. Sie ist 31, zweifache Mutter und hat früher im Kosmetikstudio gearbeitet. Sie hat Erfahrungen mit anderen Bordellen. "Dort war es viel anstrengender, weil ich Miete zahlen und selbst putzen musste", erklärt sie. Im Geizhaus bietet sie verschiedene Stellungen und Oralverkehr. Seit fast vier Jahren. Für sie ist es ein Doppelleben, von dem auch ihre Familie weiß. "Meine Gefühle bleiben vor der Tür, wenn ich ins Geizhaus gehe", sagt sie. Außerdem gebe es Grenzen für sie, um ihre Privatsphäre zu schützen. Erst kam ihr Freund damit klar. Doch nach zwei Jahren trennte er sich von ihr. Obwohl sie die Arbeit, ihm zuliebe, für ein halbes Jahr aufgegeben hatte. Das würde sie wieder tun für jemanden, den sie liebt. Sie kann sich ohnehin vorstellen, bald mit dem Job aufzuhören. "Man geht sonst kaputt. Außerdem will ich meinen Kindern erzählen können, wo ich arbeite", sagt sie. 14.50 Uhr. 000. 001. Wieder Jenny. "Los, geh dich prostituieren!", sagt Jasmin. 14.55 Uhr. 000. 007. Jasmin ist dran: "Hast du ein paar Gummis für mich?" "Schwarze oder weiße?" 15.02 Uhr. 000. 001. 15.03 Uhr. 000. 025. 15.05 Uhr. 000. 015.

"Derzeit ist es wie russisches Roulette", erklärt Mary. Man könne sich nicht mehr darauf verlassen, wann und wie häufig die Gäste kommen. Seit der Finanzkrise habe sich viel verändert. "Die Gäste wollen Frust loswerden. Dafür aber möglichst wenig zahlen. Das geht oft zu weit", sagt sie. "Für einen Pissgroschen erwarten sie eine zweite Hochzeitsnacht! Sie denken, es wäre normal, wenn sie den Finger in die Muschi stecken oder fragen: Kannst du mir mal die Eier lecken?"

Das Gute am Geizhaus sei, dass sich die Frauen ihre Zeit frei einteilen könnten. Außerdem wird ihnen nicht vorgeschrieben, was für Sonderwünsche sie erfüllen müssen. "Aber der Druck ist groß. Denn je mehr man anbietet, umso lieber kommen die Gäste", sagt Mary. Die Gäste verwenden Geheimkodes wie "Natursekt" oder "spanisch". Jede Entschlüsselung kostet aber einen Geizdollar "38,50 Euro" extra. Mary arbeitet in Doppelschichten. Zeitweise 14 Stunden täglich. Sechsmal die Woche. Sie ist 31 und hat einen Sohn. Außerdem gesundheitliche Beschwerden wegen der Heizungsluft, des Nikotins und Schlafmangels. "Ich kann es mir nicht leisten, weniger zu arbeiten!", sagt sie. "Zu viele Verbindlichkeiten und Schulden von meinem alten Job." Dabei klingt sie fast verzweifelt. Früher hatte Mary Versicherungen verkauft und Provision dafür bekommen. Die musste sie dann aber wieder zurückzahlen, als die Versicherungsverträge geplatzt waren. Aber für die Zukunft hat sie einen Plan: "Eröffnung eines Textildiscountgeschäfts. Die Masse kauft billig! Der Geiz der Menschen ist die einzige Chance." 15.35 Uhr. 000. 001. 15.46 Uhr. 000. 025. 16.03 Uhr. 000. 001.

"Wenn weniger los ist, muss ich die Mädchen motivieren", sagt Anke. Sie ist neunfache Großmutter. "Mir ist es wichtig, die Mädchen zu beschützen. Deswegen wird schon am Eingang aussortiert. Wenn jemand die Mädchen öfters laufen sehen will, ist das nur Fleischbeschauung!" Aufgrund der vielen Stammgäste sei das aber selten. 17.23 Uhr. 000. Paradelauf. 001. 17.36 Uhr. 000. 004. Langsam treffen die Abendgäste ein. "Tagsüber wollen viele nur Druck ablassen. Aber abends kann es ganz schön anstrengend sein, wenn sie lange vögeln wollen", sagt Mary, "Sex ist Routine! Aber Spaß macht das nicht!"

Pro Schicht gibt es ca. 60 Euro

17.43 Uhr. 000. 025. 17.50 Uhr. 000. 001. 18 Uhr. Feierabend. Abrechnung. Jenny hatte zehn Gäste. 200 Euro nimmt sie mit nach Hause. Es ist 18.01 Uhr, und die Ampel vor dem Geizhaus zeigt Rot. Das bedeutet: Die Bude ist voll. Höchste Zeit also, dass das Geizhaus mehr Platz bekommt. Der Umzug ist schon beschlossen: Satte 700 Quadratmeter sollen bald zur Verfügung stehen. Der Sexdiscounter scheint sich durchzusetzen.

Jede Frau erhält bei der Abrechnung 20 Euro pro Geizdollar. 18,50 Euro gehen ans Haus. "So ein Chip ist netter, die Mädchen fühlen sich nicht so erniedrigt, wie wenn man ihnen das Geld hinwirft!", meint die Chefin.

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22 Kommentare

 / 
  • TT
    the truth

    Natürlich sind Bordelle nicht ideal, allerdings muss man auch an die Männer denken, die für normalen Sex einfach kein Geld haben. Ich bin momentan auch noch in der Ausbildung und könnte mir absolut keine Frau leisten. Daher werde ich die nächsten 10-20 Jahre wohl auch noch käufliche Liebe nutzen, bis ich beruflich mehr erreicht hsbe und Geld für normalen Sex habe (ohne dass mein ganzes Geld in Frauen investiert wird). Solange werde ich weiter Prostituierte als Notlösung benutzen.

  • E
    erospark

    Bei der leibesdienstleistung ist es wie allen Billigangeboten. Ob bei Billigflieger, Discounter oder sonstigen Sonderangeboten. Am Anfang bringen sie den Markt in Bewegung, wenn dann wirklich niemand mehr an der Ware verdient werden die Preise durch irgend welche Tricks erhöht.

    Nur bei Prostituierten handelt es sich nicht um beliebig vermehrbare Ware sondern um Menschen die aus der Not heraus ihren Körper verkaufen. Hier sollten faire Preise selbstverständlich sein.

    Wer sich über ein ordentliche geführte Haus informeiren möchte kann es im Forum von www.erospark.de machen.

  • PV
    Phillip v.H.

    Die sexuelle Veränderung in der Gesellschaft ist gravierend-

    Früher sind wir auf Party mit dem Fahrrad gefahren und haben geliebt und geküsst-

    Heute geht das nicht mehr-

     

    Es wird einfach mehr gedacht und die Naivität ist verloren gegangen.

    Einfach den Moment zu geniessen- genauso wie das Leben.

     

    Immer weniger Frauen arbeiten als Prostituierte und engagieren sich lieber in Studium und Arbeit.

     

    Der Mann hat die Entwicklung nicht erkannt. Die Frauen sind den Männern momentan voraus-

     

    Wir werden eine immer mehr asexuell gesteuerte Gesellschaft-

    Die Männer erfreuen sich mit Pornographischen Ablichtungen am PC o.ä. und die Frauen erleben ihren Höhepunkt mit ihren eigenen Händen.

     

    Viele heutige Beziehung sind sexuelle gesehen eher eine Zweckverbindung und münden nicht aus Liebe.

    Es hat sich halt ergeben-

    Bloß nicht alleine sein heisst das Motto-

    Alle Gefühle bloß verdrängen...

     

    Trotzdem glaube ich, dass der Knoten bald platzt und es wieder heiss her geht...

  • M
    Mazza

    @ rudi k.

     

    Schön, diese tatsache des ` fünfjährigen` mal schwarz auf weiss zu lesen. Irgend etwas scheint mit der spezie mensch, die ca. 48% unserer weltbevölkerung ausmacht, nicht zu stimmmen :-(

    Nun ja, wenn der mann während der evolution weiter auf dem niveau eines .... stecken/bleibt, ist es für ihn auch logisch, daß frauen für seine taten haften - heisst ja nicht umsonst "eltern-teile haften für ihre kinder" :(

    Der wahn ist kurz, die reu ist lang, drum prüfe frau, an was du dich bindest ....

  • A
    aso

    Zwangsprostition von Frauenschieberbanden ist sicher zu verfolgen.

    Möglicherweise gibt es einige Frauen, denen dieses Geschäftsmodell jedoch lieber ist,

    als nur Hartz 4, und ggf. Vorteile bieten kann.

    Das wíssen auch schon unsere Vorfahren:

     

    http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,617975,00.html

  • HB
    Hein Borchert

    @a´dam:

    "Und übrigens: Laut dem Hamburger Komissariat sind in Deutschland 95% der Prostituierten zwangsprostituiert. Die Lage in Deutschland ist singulär, katastrophal und in keinem andern Land Europas stößt man auf derartige Verharmlosung."

     

    Wenn schon verdrehte Zahlen der feministischen "Emma" verwendet werden, bitte Orginalzitate :

     

    Fachtagung "Arbeitsplatz Prostitution" im April 2004 in Hamburg (Museum der Arbeit).

     

    Vortrag vom Ersten Kriminalhauptkommissar Detlef Ubben LKA65 :

    " ...ich gehe davon aus, dass in Hamburg noch heute hinter 90% der Frauen jemand anderes steht. Das kann ein Zuhälter sein, der sie ausbeutet, oder ein Ehemann, der sich am Haushaltsgeld bedient. Mitunter ist es aber auch eine Frau. Doch nur die kriminelle Ausbeutung erfordert unser Einschreiten ..."

     

    "... 2003 waren bei 1.235 registrieren Zwangsprostitutionsopfern in Deutschland als verantwortliche Menschenhändler 79% Männer und 19% Frauen beteiligt..."

     

    "...Ungefähr 95% der Frauen aus den GUS-Staaten wissen bereits in der Heimat, dass sie in Deutschland anschaffen sollen. Sie werden oft jedoch über die Verdienste und Umstände im Unklaren gelassen. Es gibt genügend Frauen, die sich hier auch prostituieren wollen, einige prostituieren sich zum Teil jahrelang und tun alles dafür, um hier bleiben zu können. Denn trotz Ausbeutung durch Menschenhändler verdienen die Frauen immer noch ein Vielfaches mehr als in ihrem Heimatland..."

     

    Beispielhaft gibt es national 4 Postionen zur Prostitution

     

    Abolitionistisch = komplette Abschaffung, wie Schweden / Frankreich (bei der Umsetzung)= Bestrafung der Freier

     

    Prohibitionistisch : = Bestrafung der Prosituierten

    Japan (nur Orale/anale Techniken gestattet),

    Saudi-Arabien (Todesstrafe für Freier+Prostituierte+Zuhälter)

    Pakistan (nicht in Sunnitischen Gebieten)

     

    Regulatorisch :

    Dänemark (2.Arbeit erforderlich),

    Italien & Luxemburg (Bordellverbot, Str./Wohnungsprost. erlaubt),

    Türkei (nur staatliche Bordelle)

     

    Entkriminalisierend :

    Deutschland,

    Niederlande,

    Österreich,

    Schweiz,

    Belgien,

    Griechenland,

    Portugal,

    Brasilien

     

    Es gibt zur feministischen Ablehnung der Prostitution einen interessanten Aufsatz von Sophia Moldenhauer, Humboldt-Universität zu Berlin :

    http://www.gender.hu-berlin.de/w/files/ztgbulletintexte35/4moldenhauer.pdf

     

    Zur Entwicklung der Prostituiertenzahlen für Hamburg :

    1993 : ~ 6.100

    1998 : ~ 4.300

    2007 : 2.450

     

    Die Projektleiterin Ulrike Gatzke der Koordinierungsstelle gegen Frauenhandel (Sozialbehörde Hamburg) gibt folgende Zahlen für 2007 bekannt : Mit 22 Mitarbeitern betreut sie jährlich ungefähr 60 zwangsprostituierte Frauen meist aus Bulgarien, Rumänien und Nigeria. Geschätzer Dunkelfaktor von zwangsweisen Übergriffen gegen Prostituierte bis 10fach

     

     

    Frau Gatzke machte auch noch auf folgenden Umstand aufmerksam zum Thema Menschenhandelsgesetz: Es gibt seit 2005 ein neues Feld, weil zwischen sexuellem und nicht sexuellem Menschenhandel unterschieden wird. Letzteres betrifft zum Beispiel Erntehelfer, Reinigungskräfte, Au-pair-Mädchen oder Gastronomiekräfte. Sie tauchen in den Statistiken bisher nicht auf, weil es keine Anlaufstellen für Arbeitsausbeutung gibt. Das muss sich dringend ändern.

    (Nach Schätzungen der ILO erfüllen regional bis zu 20% der Arbeitskräfte des Hotel & Gastronomiegewerbes in Europa die Kriterien für Zwangsarbeit und Menschenhandel !)

     

    Wer sich noch weiter mit dem Thema befassen möchte sollte nach folgenden (teilweise mir persönlich bekannten) Personen recherchieren :

     

    Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler Charlottenburg-Wilmersdorf - schliesst eingesessene Wohnungsbordelle in Wohngebieten - gegen BVV-Beschlüsse

     

    Stephanie Klee vom Verband sexuelle Dienstleistungen (BSD)- langjährige Prostituierte, Autorin, Aktivistin und Vorsitzende

     

    Emilia Mitrovic (Hochschule für angewandte

    Wissenschaften, Projekt „Arbeitsplatz Prostitution“(ver.di)

  • RK
    Rudi K.

    @anne

     

    die " Frauenbenutzer " gehen mit IHRER Frau immer gut um ***alles S

     

    chlampen ausser Mutti ;-)))

     

    Männer bleiben auf dem Niveau eines Fünfjährigen

    * ich hab nichts getan * und wenn sie erwischt werden ist die Frau schuld ;-)

  • A
    a´dam

    Oh mein Gott - also bevor hier noch weiter in die Richtung: Frauen sind ja sowieso an überhaupt allem schuld, ja sogar an ihrer eigenen Erniedrigung, blabla hohe Ansprüche und außerdem Prostitution? - ach alles ganz locker-flockig-easy (kann nicht beweisen, dass es in Einzelfällen nicht zutrifft, würde aber nichts legitimieren), möchte ich auf diesen Blog hinweisen, der den Artikel zum Thema hat:

    http://30jahre.taz.de/2009/04/verherrlicht-die-taz-die-prostitution/

     

    Und übrigens: Laut dem Hamburger Komissariat sind in Deutschland 95% der Prostituierten zwangsprostituiert. Die Lage in Deutschland ist singulär, katastrophal und in keinem andern Land Europas stößt man auf derartige Verharmlosung. Nur noch in den Niederlanden ist es legal und selbst die wollens loswerden und gehen damit nicht so lapidar um.

     

    Mfg

  • HB
    Hein Borchert

    @Anne

    "Mich würde interessieren, wie geht mann denn so zu Hause mit der eigenen Frau oder Fräundin um, sind diese 1,2 Mio (tägl.) Frauenbenutzer überhaupt in der Lage auf die Bedürfnisse ihrer Partnerinnen einzugehen?"

     

    Ich möchte die Fragestellung erweitern : Warum nutzt ein großer Teil der männlichen, urbanen Singles käuflichen Sex ?

     

    Weibliche urbane Singles sind zunehmend unabhängig von Männern und leben ihr Leben, suchen sich aus mit wem sie Sex haben.

    Den gestiegenen Ansprüchen nach Body, Selbstdarstellung und Unterhaltungswert, Einkommen, Status erfüllen zunehmend weniger Männer. Der Anteil an späten Jungfrauen steigt stärker bei den Männern, als bei den Frauen.

     

    Wenn man sich demografische Statistiken anguckt gibt es in Ostdeutschland oder im ländlichen Raum

    im Heiratshauptalter von 25-35 Jahren teilweise bis über 40% quantitativen Männerüberschuß.

    Um 1950 gab es trotz der Kriegsfolgen noch ein weitgehend ausgeglichenes Verhältnis.

     

    Wie gesagt, vorgenannte Umstände treffen sicher nicht auf alle Männer zu, jedoch doch kann man nicht von einer homogenen "Frauenbenutzermasse" sprechen.

     

    Für mich persönlich (trotz, Freundlichkeit, normalem Aussehen, Haus- / Auto, Bildung) ist es trotz rund über ca. Frauenkontakten ob, Freundeskreis, Freizeitbereich, oder beruflich, nie zu mehr als Zuhören, Helfer für alles, Sponsor gekommen. Ich bin verlegen wie ein Teeny am 40. Geburtstag zum ersten Mal in einen Puff gegangen und der erste Sex klappte natürlich nicht. Die Dame mitte 30 und nebenberuflich tätig eröffnete mir, dass sie doch einige Gäste mit ähnlichen Umständen hat - ich sei kein Exot.

     

    Sicher bin ich jetzt hier etlichen Leuten mit vorgefassten Ideologien unter durch.

    Es gibt Drogenabhängige, es gibt Zwangsprostituion, es gibt Gewalt, es gibt Zuhälter, wenn man nicht nur aufs Geld schaut, weiß man auch mit wem man Geschäfte macht.

    Diese Aussage geht nicht gegen das Geizhaus, nur das dortige Konzept sagt mir nicht zu.

  • M
    M.H.

    Hallo "Jengre", nein, dass habe ich nicht geschlussfolgert. Außerdem würde ich mir sachlichere Bezugnahmen wünschen. Natürlich gibt es "auf der Welt" viel Elend durch Not- und Zwangsprostitution. Das gehört geächtet und aufgedeckt. Ich habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass diese Tatsache für Deutschland heute so nicht mehr angenommen werden kann. Deutsche Prostituierte sind zumeist sehr autonome Frauen. Von "Außen" zu spekulieren wie es den Frauen geht und mit welcher Motivation sie sich dazu entschieden haben ist kaum möglich. Unsere Werte und Normen erlauben es kaum einmal ganz offen darüber zu sprechen, dass der Job äußert lukrativ ist, Arbeitszeiten hat die ein "Ausschlafen" erlauben und auch der Frau gewisse "Macht" und narzistische Zufuhr geben. Eine große Zahl der Männer die als Gäste kommen sind eben auch nicht dick, hässlich und aggressiv sondern "ganz normal", nett, gebildet und auch an einer gewissen "Augenhöhe" interessiert. Diese Erfahrung habe ich ganz klar gemacht. Für einige Frauen, die nur als Prostituierte die Möglichkeit haben ihren Drogenkonsum zu finanzieren kann dies nicht gelten. Das ist natürlich auch mir klar.

    Mit freundlichen Grüßen M.H.

  • J
    Jengre

    Liebe M.H.,

    ist doch völlig in Ordnung, daß es Ihnen nichts ausgemacht hat, für Geld Männer zur Ejakulation zu bringen. Aber wenn Sie deswegen schlußfolgern, es gäbe auf der ganzen Welt keine Frau, die unter Prostitution leidet, dann sind für Ihr Studium völlig unnötig Steuergelder rausgeballert worden.

  • HB
    Hein Borchert

    "Außerdem der Hinweis "Das Geizhaus ist immer noch ein Bordell, deswegen erwarten wir, dass sich die Gäste umgehend für eine Dame entscheiden." Es gilt also auch für die Freier: Akkordarbeit."

     

    Das Fazit gilt nur bedingt, sondern rührt von dem ehemaligen Schwester-Nachtclub Sparschwein her.

    Aus diesen Zeiten stammt auch noch die Splittung Pseudonym (Geizhaus) und Spitznamen (Sparschwein) für einunddieselbe Frau.

     

    Ich war 2x vor Ort, einmal bei einer mir bekannten Frau die ich aus einem nobleren Bordell kannte. Sie sagte am Ende eines Tages hat sie gleich viel verdient.

     

    Durch den straff organisiert Betrieb und die stufenartige Preisgestaltung von 38,50 Euro ist es eher ein "Sex-Imbiss". Für ähnliche Preise ist am gleichen Strassenzug zu 30,- / 39,- Euro ein ähnlicher Service zu erhalten. Über die dortigen Hinterleute kann man sich gelegentlich in den Polizeiberichten informieren.

     

    Für mich persönlich ist das 40 Euro Angebot zu fließbandartig und ich gebe lieber seltener mehr aus, bezogen auf den Minutenpreis jedoch weniger. Nach dem Besuch habe ich dann kein so schlechtes Gefühl. Man hat dort das Gefühl sich beim käuflichen Sex mehr auf Augenhöhe zu begegnen. Mehr Zeit für persönliche Gespräche, Hygiene, ein aufeinander eingehen.

     

    Menschlicher halt ...

  • M
    M.H.

    Ach ja, die Kommentare sind alle politisch korrekt, frauenfreundlich und man möchte ja auch so gern an die alte Geschichte von der "unfreiwilligen Prostitution" glauben.

    Das ist nicht mehr so ganz die Realität.

    Ich selbst, Akademikerin und keinesfalls ernsthaft notleidend habe eine Zeit lang mein "Taschengeld" in einem Club mit "Massagediensten" aufgebessert. Ganz "freiwillig" und ohne seelische "Probleme" und auch ohne über diese Grenze hinaus zu gehen.(Es hat mir sogar viel Spaß gemacht.) Offiziell gab es da auch nicht "mehr". Das allerdings wurde hinter verschlossenen Türen anders praktiziert. "Inoffizielle Deals" sind sicher überall Gang und Gäbe. Die "Mädchen sind überall in kürzester Zeit Profi genug. Mit €60 geht sicher keine nach Hause. Und in großen Notlagen befinden sich diese frauen auch sehr selten, bezahlen wir doch zumeist alle über unsere Steuern den Lebensunterhalt, denn meist sind die Frauen ganz offiziell arbeitslos gemeldet.

    Alle meine damaligen Kolleginnen ließen sich vom Staat finanzieren, also, bei allem Mitgefühl, oft sieht alles ein wenig anders aus!

  • A
    Anne

    Diese Geiz- gleich Billigaktion zeigt wieder einmal, mit welcher Menschenverachtung hier der weibliche Mensch zur Ware heruntergestuft wird.

    Mich würde interessieren, wie geht mann denn so zu Hause mit der eigenen Frau oder Fräundin um, sind diese 1,2 Mio (tägl.) Frauenbenutzer überhaupt in der Lage auf die Bedürfnisse ihrer Partnerinnen einzugehen? Wahrscheinlich nicht ....

    Ich bin über den Artikel enttäuscht, der hier eine Irma-La-Douce-Welt suggeriert, die es nicht gibt. In diesem menschenunwürdigen `Gewerbe` gibt es so viel Elend - hier wird dermassen gegen die Menschenwürde verstossen; darüber zu berichten, wäre ein wichtiger Anlass .

  • J
    Jengre

    Lumpige 20 Euro dafür, daß man sich von jemandem penetrieren läßt, den man sonst nicht mit dem Arsch angucken würde. Die Frauen darf man dafür nicht verachten (und die vielen 18-, 19-, 20jährigen darunter sind wirklich Mädchen, sehr arme dazu), aber herzlich verachten kann man zwei Gruppen: Die Freier, die nicht begreifen, daß kein Geld der Welt ihnen das Recht gibt, jemanden sexuell zu benutzen (sollen sie gefälligst masturbieren, wenn's drückt), und die findigen Luden beiderlei Geschlechts, die an Prostitution verdienen, ohne ihre eigenen Körperöffnungen hinzuhalten.

  • P
    PerditaDolorosa

    Ich könnte kotzen, da verkaufen sich die Frauen und kriegen so gut wie nix dafür. Mit 60 Euro nach einer Schicht heimgehen, da kommen die beim Putzen oder Betteln noch besser weg. Und jetzt wird darüber auch noch geschrieben, als ob das eine tolle neue Geschäftsidee ist. Danke für die Massenverblödung und die Frauenverachtung, Welt!

  • AJ
    A. Jantzen

    Den Prostituierten wird die Bezeichnung "Frau" konsequent verweigert. Dass die Betreiberin des Bordells sie "Mädchen" nennt, ist vermutlich üblich. Dass die Autorin sie als "Damen" bezeichnet, ist diskriminierend. Das heißt, Rotlicht-Jargon in die journalistische Sprache zu übernehmen, dies im Artikel nicht zu problematisieren und die Prostitution so darzustellen, als habe sie mit "normalen" Frauen, mit Geschlechterverhältnissen, mit Fragen nach Macht, Ohnmacht, Gleichberechtigung (wer käuflich bzw. mietbar ist, ist niemals gleichberechtigt und gleichwürdig!) nichts zu tun: Das sind ja die "Damen". Für uns Frauen kein Problem?

  • KN
    Karl Napf

    Ja, ja - Prostitution - Sexarbeiterinnen - ein Job wie jeder andere....Unsinn!!!!

    Tatsächlich weist der letzte Satz des Artikels auf den Kern der Verhältnisse. Könnte von Frauen "selbstorganisierte" Prostitution als der Tätigkeitsform nach wertfrei betrachtete/empfundene Erwerbsarbeit wahrgenommen werden, bestünde nicht der Bedarf seitens der Betroffenen, den Warencharakter des Geschlechtsakts durch irgendwelche Symbolformen zu verschleiern - denn dann könnten die befürchteten Erniedrigungsgefühle gar nicht erst aufkommen. (Es sei denn, man geht davon aus, daß jedwedes Lohnarbeitsverhältnis als Demütigung zu gelten hat)

    Ich behaupte: Prostitution in ihren allen Spielarten stellt mithin eine der repressivsten Verdinglichungsformen dar.

    Am Anfang jeder Prostitutionskarriere steht eine materiale oder psychische Vergewaltigung.

  • S
    saalbert

    Das mit dem "willich" im Titel soll wohl ein Scherz sein. Aber dass sich Frauen in "Frotteemäntel" oder "Fleecedecken" hüllen, halte ich für unwahrscheinlich. Jede wird mit einem/einer genug haben. Und dass das "Doppelleben" ein Femininum ist, war mir neu. Na ja, vielleicht liegt das am "Umzog".

     

    ***Anmerkung der Redaktion:

    Danke für den Tip, ist korrigiert.

  • A
    a´dam

    Warum tun sie so etwas? Warum verherrlichen sie das denn so? Warum klingt dieser Artikel wie eine Werbung, wollen sie, Autorin dieser intelligenten Zeitung von der ich außer, dass sie einen Hang zur Misogynie ist viel halte, dass der Bordellbesuch Normalität wird? Halten sie es für normal? Bei den Statistiken, den Konsequenzen? Das is so schrecklich zynisch, das ich nicht so viel essen kann wie ich kotzen möchte. Warum denn? Was haben sie ihnen denn getan, kriegen sie etwa Geld dafür, was ist denn da bloß los??

  • M
    Mazza

    Nun hat die geiz-ist-geil-mentalität auch die penis-prozession erreicht. hoffentlich macht sein beutel - äh ich meine seinen geldbeutel - nicht schlapp - mann ist ja hoffnungslos überfordert -ich würd`` deshalb eine lockprämie aussetzen. Wie im sport: der schnellste kriegt ne prämie - je schneller er sein ziel erreicht hat, desto billicher ..... macht bei 3 minuten ca. 4,75 euro - es geht noch billicher.

    Göttin ist das erbärmlich.

  • HP
    Hartmut Prinz

    Daß eine Autorin selten Bordelle besucht, besonders nicht als Kundin, ist verständlich.

     

    Doch ein bißchen Recherche über den "Regellfall" hätte vor einem solchen Artikel ja nicht geschadet.

     

    Dann kämen solche Sätze nicht raus:

    " Eine halbe Stunde kuscheln, schmusen und Verkehr in unterschiedlichen Stellungen für 38,50 Euro. Zeit ist Geld, das scheint das Motto des Hauses. Woanders zahlt man nach Leistung, hier pro halbe Stunde."

     

    Wo bitte funktioniert das anders?

    Ich für meinen Teil habe noch nie von einem Bordell gehört, wo nach reiner Leistung bezahlt wird und nicht nach Zeit. Gibt es sowas überhaupt? Machen die Freier nach dem Verkehr Benotungen, um über den Marktwert der Dienstleisterin zu bescheiden? Ungeiler Sex, mittelgeiler Sex, rattenscharfer Sex, preislich gestaffelt je nach Qualität?

     

    Und preislich ist auch nur das inklusive Küssen ein richtiges Bombenschnäppchen. In Berlin ist eine halbe Stunde für 45 oder 50 Euro eigentlich ganz normal. Vielleicht ja nicht in Hamburg.

     

    Aber vielleicht machen die Hamburger ja bald statt einem Ausflug ins "Geizhaus" einfach eine Reise in die Dritte Welt vor ihrer Haustür - nach Berlin....