: Besser als ein Krimi
Klaus Woryna über seine Gründe, sich einem Grand-Prix-Fanclub anzuschließen und einen Teil seines Lebens dessen Arbeit zu widmen
von JAN FEDDERSEN
Der 31-jährige Jurist, aufgewachsen in München und dortselbst heute als Rechtsanwalt tätig, wurde vor fünfzehn Tagen in Frankfurt am Main zum Präsidenten des OGAE (Organisation générale des amateurs de l’Eurovision) gewählt. Der neue Chef dieses Grand-Prix-Fanclubs (es gibt in Deutschland noch die Konkurrenz vom Eurovision Club Germany; beide Vereine zählen etwa gleich viele Mitglieder, etwa je 450) trat die Nachfolge des umstrittenen Alexander Sallach an, der nach Querelen von seinem Posten zurücktreten musste.
taz.mag: Seit wann interessieren Sie sich für den Grand Prix Eurovision?
Klaus Woryna: Klare Sache, genau seit 1982. Nicole hatte gerade in Harrogate gewonnen – und ich durfte es im Fernsehen gucken. Am Montag danach habe ich mir nicht nur ihre Single gekauft, sondern auch die von anderen, die im Wettbewerb waren.
War das der Grundstock einer Plattensammlung?
Ja, aber das wusste ich damals nicht. Heute bin ich stolz darauf, die meisten der fast tausend Grand-Prix-Songs auf Single zu haben.
Wie haben Sie es als Jugendlicher geschafft, diese Fernsehshow zu mögen, obwohl vermutlich die meisten Ihrer Altersgenossen sie mindestens obskur fanden?
Das hat mich wirklich nicht gekümmert. Ich mochte das alles einfach viel zu sehr.
Was genau mochten Sie?
Erstens die Situation, dass es ein Wettbewerb ist. Und dann all die Interpreten, die man nicht kennt. Dass sie schließlich in vielen europäischen Sprachen singen. Es war kein Mainstream, einfach anders als andere Popmusik. Experimenteller, sozusagen. Man weiß ja nie, was bei den Jurys ankommt. Und es immer wahnsinnig spannend. Die Punktevergabe am Ende, einfach besser als jeder Krimi.
Seit 1998 sind Sie mit Ihrer Lieblingssendung ja nicht mehr allein.
Nein, tatsächlich hat Guildo Horn den Grand Prix Eurovision in Deutschland gerettet. Ohne ihn wäre er inzwischen eine Kuriosität, die es nicht einmal zum Kult gebracht haben könnte. Der Meister aus Trier hat den Menschen gezeigt: Es ist wichtig, Grand Prix zu gucken.
So wurde der Event sehr modisch.
Ja, richtig schick. Weil es auch ein wenig gay ist.
Gay – heißt das nicht schwul?
Ja, damit meine ich, dass es ja damals schon sehr schick wurde, als Hetero in schwule Diskos zu gehen. Und so fingen die Heteros auch an, den Grand Prix wieder für sich zu erobern.
Schön und gut, aber weshalb wird man dann Mitglied in einem Club? Sie sind jetzt auch zu dessen Präsident gewählt worden.
Ein Verein, in dem sich Leute treffen, deren Hobby der Grand Prix ist, ist dazu da, ein Forum zu haben, wo man über ebendieses Steckenpferd sprechen kann, ohne anderen, die vielleicht lieber auf Heavy Metal oder Volksmusik oder Jazz oder Klassik stehen, auf die Nerven zu gehen. Man tauscht Videos von älteren Eurovisionabenden aus, tauscht Singles, geht einmal im Jahr zum Clubtreffen.
Was unterscheidet Ihren Club von anderen?
Eigentlich nichts. Der Grand Prix ist unser Ding, andere haben andere Themen. Kaninchen, Fußball, Modelleisenbahnen oder Literatur.
Wann ist Ihnen der Grand-Prix-Club am wichtigsten?
Vor allem, wenn ein Grand Prix mal wieder der Vergangenheit angehört, am Montag danach. Dieses Jahr also am 26. Mai. Nach dem Grand Prix ist aber vor dem Grand Prix: Dann spekuliert man schon darüber, wer wohl nächstes Jahr dabei sein sollte. Fußballfans kennen das doch auch: Die Winterpause überbrücken sie mit Hallenturnieren, die Zeit nach der Saison im Sommer mit gemeinsamen Spekulationen beim Freizeitkick über die nächste Spielzeit.
Fußballfans besuchen sommers gern die Trainingslager ihrer Lieblingsvereine.
Ja, das kann ich verstehen. Wenn einem etwas so sehr am Herzen liegt, macht man das natürlich. Die Hartgesottenen unter uns fahren – so lässt sich das vergleichen – im Frühjahr zu vielen nationalen Vorentscheidungen.
Und Sie?
Ich freue mich auf den 7. März. In Kiel dabei zu sein ist für uns Ehrensache.